Samstag, 11. Januar 2020

Alive and kickin'




Nachdem sich einige Leute bereits Sorgen um uns machen: Keine Angst, wir liegen weder faul in der Sonne des Südens, noch hängen wir tot über dem Zaun :).

Nein, es gibt uns noch! Und wir haben na klar auch weiter am Projekt gearbeitet. 

Gleich am ersten Tag nach Neujahr ging es weiter. Allerdings haben wir beschlossen, mit dem Posten hier noch zu warten, bis es wieder was wirklich Neues zu erzählen gibt, und Euch erst dann wieder zu behelligen, wenn ihr auch Zeit und Muße habt, das alles zu lesen, oder zumindest die Bilder in Ruhe zu betrachten. Und das ist am Wochenende viel eher der Fall.

Das neue Jahr bescherte uns zum "wieder Warmlaufen" gnädigerweise nur den Donnerstagnachmittag und den Freitag, denn dann war schon wieder Wochenende. Am Donnerstag sortierten wir die letzten geraden Stämme durch, um sie auf Freitag vorzubereiten. Denn für den Freitag konnten wir wir einen Termin bei der Säge ergattern. 
Wir müssen die Stämme nämlich zu Bohlen auftrennen, die wir später wiederum zu den Dachlatten auftrennen müssen. Ein Holzschindeldach braucht enorm viele Latten. Natürlich müßten wir sie eigentlich in alter Manier spalten und wieder spalten. Aber wir können uns keinen Ausschuß leisten und die Zeit drängt zu sehr. Daher sägen wir sie und arbeiten sie dann mit dem Beil von Hand ab.
   
Freitag ging es dann in aller Herrgottsfrühe los. 
Auch wenn es kaum zu glauben ist, aber wenn man nur mit so wenigen Händen ausgestattet ist, dauert so eine Sägerei fast einen Tag. Aufladen, zur Säge fahren, dort abladen, Stamm auf's Sägebett packen, Bohle absägen, aufladen, nächste Bohle absägen, aufladen, weitersägen, aufladen, nächsten Stamm auf's Sägebett wuchten, alles noch mal genauso machen, am Ende die erste Rutsche zurück zum Hof fahren, neue Stämme aufladen, zur Säge fahren, abladen, einen Stamm auf das Sägebett legen, eine Bohle absägen, aufladen, nächste Bohle absägen und .. ihr wisst schon.
Am Schluß die letzten wieder zurück zum Hof fahren, hier alles sauber stapeln, das ist genauso zäh, wie es sich hier liest. Die Trumme haben richtig Gewicht! 7 Zentimeter stark und zwischen 2,30m und 2,70m lang sind sie bei rund 20 cm Breite. Bodybuilding.

Das mit dem Warmlaufen hat also voll und ganz geklappt.






Dann kommt die erste volle Arbeitswoche im neuen Jahr, nachdem sich am Wochenende der Muskelkater erst so richtig entwickeln konnte..

Aber diese Woche beginnt mit einem herrlichen Anblick!
Wenn man zurückschaut, wie das hier vor ein paar Wochen noch ausgesehen hat... Ganz schön leer geworden. Erinnerungen an den Tag der großen Holzlieferung werden wach. Und an das Gefühl, das wir beide dabei hatten. Es kam uns (fast wäre das Wort "damals" hier angebracht) so vor, als schafften wir das nie im Leben. Aber nun zeigt uns dieser Anblick, daß wir das Fleiß- und Schweißstück geschafft haben.


 




Ein paar lange Stämme liegen hier noch vorn im Bild. Sie sind leider in der gesamten Länge aufgesprungen. Wir werden sie zu Spaltbohlen verarbeiten. Die packen wir dann im fertigen Gebäude zunächst "auf den Balken", wonach sie später unten vielleicht als Trennwände eingebaut werden könnten. Wir lassen nichts verkommmen. Nachhaltigkeit ist hier Maxime.







Nach der Pause wieder genau da einzusteigen, wo wir aufgehört haben, ist schon ein merkwürdiges Gefühl. Alles lag noch genauso rum, wie wir es liegen gelassen haben, und wir können den Plastikhammer einfach wieder in die Hand nehmen. Ihr erinnert euch sicher, es waren ja noch jede Menge Pfosten an die langen Träger anzubauen. Nicht nur lag alles noch genau so rum, es ist sogar noch was dazu gekommen. Blätter, die der Wind durch den Spalt unter dem Schiebetor hindurch geweht hatte. Irgendwie schon so etwas wie Fremddreck.






Sobald ein Pfosten fertig ist, sein Zapfen herausgebeitelt und eingepasst, bringen wir ihn direkt auf den Gummiwagen, mit dem am Ende alles zum Bauplatz gekarrt wird. 

Auf diese Weise wird die Halle nach und nach wieder frei für den nächsten Schritt. 

Auf den nächsten paar Bildern seht ihr den Ablauf einigermaßen.

Von der mittleren Baugruppe müssen nur noch drei Pfosten eingepasst und die Löcher gebohrt werden. Von der vordersten leider noch ALLE.






So denn. Die letzten drei Pfosten dieses Teils passen perfekt, die Löcher für die Holznägel sind gebohrt, nichts vergessen zu beschriften. Das hier kann jetzt eigentlich alles raus auf den Gummiwagen. 

Das Ding heißt so, weil die Reifen aus Gummi sind. Kein Witz! Denn zur Zeit seiner Einführung in unserem Land war das eine sensationelle Neuerung nach mehr als zwei Jahrtausenden Eisenbereifung auf Holzrädern. Die Neuerung ist zwar inzwischen auch schon hundert Jahre alt, aber das Gerät heißt immer noch so. Zumindest hier bei uns auf dem Land. Es ist eines jener Phänomene auf dem Land, daß hier jeder diesen Namen selbstverständlich benutzt. Es ist doch klar, was für ein Gefährt damit gemeint ist.






Das gleiche Spiel geschieht natürlich dann am nächsten Tag auch mit der vordersten und letzten Baugruppe dieser Art. Das ist die, durch die man nachher in das Gebäude hineingehen kann, die offene Langseite sozusagen. Hier müssen alle fünf Pfosten noch angearbeitet werden.








Und hier ist nun der Gummiwagen! Zu unterst liegen nun die beiden langen Träger, die wir schon auseinanderbauen und verstauen konnten, dazu bereits acht Pfosten.






Alle Teile sind beschriftet und markiert, damit wir das Ganze nachher auch wieder richtig zusammen bekommen...






Aber ah, kommt da nicht...








..ja tatsächlich...das Essen! "Frühstück!", schallt es von Weitem.
  





Wir machen jetzt erstmal Frühstück, womit nicht das Zubereiten des Frühstücks, sondern die Aktivität des Essens und Kaffee Trinkens gemeint ist. Man "macht" ja schließlich auch Mittag, und nicht Mittagessen. Logisch, oder? Torben hat zum Glück gleich unser beider Frühstücksgerödel dabei... Ja, wir achten beide fürsorglich gegenseitig darauf, daß wir nicht vom Fleisch fallen, wie man so sagt. 


Wir arbeiten danach wie am Fließband: Serienfertigung von Einzelanfertigungen quasi, Zapfen für Zapfen. Die Klöpfelschläge sind wie Musik.. Trotzdem nehmen wir die Masken dabei nicht ab, weil wir immer wieder zwischendurch Staub produziert müssen. Und dann wird es leider laut. 










Denn wir haben ja bei allem etwas die "Zeit im Nacken sitzen". Daher stechen wir zügig, und dann werden die Oberflächen mit der Schleifscheibe geglättet und alle Huckel entfernt, die das Zusammenpassen stören könnten.







Und das macht jede Menge Staub! Und Krach!







15 Pfosten waren es, die dem Gebäude den Namen gaben und dies hier ist nun der Pfosten Nummer 15! Er wird vorne links als Eckpfosten zu sehen sein. 
Damit kann jetzt alles raus und wir sind mit dem Unterbau endlich fertig und können das Dach beginnen...






Also raus damit... ist schon wieder dunkel draußen.







...und rauf auf den Gummiwagen. In der Halle liegen nun nur noch die fünf Balken, alle Sparren, die Streben und sonst nichts mehr. 








Am Abend schaffen wir dennoch tatsächlich, die Halle noch für die nächsten Taten vorzubereiten.






Nein, ein Tanzboden wird das nicht. Obwohl die Idee eigentlich...

 Da wir beide aber zu den eisenharten Männern zählen, die nicht mal dann tanzen, wenn vorm Saloon auf ihre Füße geschossen wird, muß das Gebrettere hier einen anderen Sinn haben. 






Licht aus für heute. 


Originalfoto vom Licht aus.. (Torben hat nämlich genau in dem Moment auf den Schalter gedrückt, in dem Christian den Auslöser betätigte)


Neuer Tag - Der Sinn der Tanzdiele


Seht ihr auf der folgenden Zeichnung die lange diagonale Linie so ziemlich in der Mitte? Sie läuft links schräg nach unten aus dem skizzierten Gebäudequerschnitt raus, um dann im rechten Winkel schräg nach oben links im Bild abzuknicken. Alles, was oberhalb dieser diagonalen Linie gezeichnet ist, werden wir nun auf unseren "Tanzboden" übertragen. Im Maßstab 1:1. Und dann alle Teile dieser Baugruppe exakt so zusammenbauen. Der "Tanzboden" ist ein Reißboden, hier "reißen" wir alle Bauteile zeichnerisch an, mit allen Winkeln und in Originalgröße. Weil wir für die geraden Linien eine mit schwarzem Pulver präparierte Schnur benutzen werden (die Schlagschnur), weil man damit schnell exakte Geraden über große Strecken zeichnen kann, nennt man sowas auch Schnürboden. Es ist eine uralte Technik, um übergroße Bauteile aufzuzeichnen. Mit einer simplen Schnur steht einem die komplette Zirkel-Und-Lineal-Geometrie zur Verfügung.






Und so geht das:






Paff! Die erste Linie ist gezeichnet.







Diese Linie steht für die Postition des langen Sparrens.






Paff! Die zweite Linie. Sie ist eine Hilfslinie. Es ist genau jene Diagonale, die eben genannt wurde.






Paff! Paff! Paff! Doppelpaff! Die Position des Balkens, den wir von nun an "Kehlbalken" nennen, weil er gewissermaßen unter anderem diese Aufgabe erfüllt, und die Postition des kurzen Sparrens sowie die Zentrierlinie sind fertig.









Wenn man genau guckt, kann man erkennen, wo auf der Zeichnung der Zollstock liegen würde.









An diese Postitionslinien rücken wir nun nach und nach provisorisch die Teile, die zum Dach werden sollen.










Die Kanthölzer dienen als Befestigungsmöglichkeit, damit sich nix mehr verschieben kann, wenn die Verbindungen geschnitten werden.






 Ihr guckt jetzt quasi von der kurzen Wand nach oben zum First hinauf und seht einen kurzen und einen langen Sparren.






Diesmal wird das alles viel komplizierter als bei den Pfosten, da ja jeder Balken genau zwischen seine beiden Sparren eingepasst werden muß. Bei den Pfosten konnten wir immer nacharbeiten und nacharbeiten, bis er perfekt passte. Er wurde halt jedesmal ein bißchen kürzer, aber da ohnehin großzügig geplant wurde, was die Tiefe betrifft, in die er eingegraben werden würde, gab es da "Luft" genug. 

Bei diesen Teilen hier geht das so leider nicht mehr. Wenn ein Balken nicht gut passt, muß er entweder so drin bleiben, wie er eben drin ist, oder wir müssen einen komplett neuen Balken anfertigen. Was aber ja auch nicht mehr geht, weil ja jeder Balken seine individuellen Ausnehmungen hat, mit denen er nur an jeweils genau einer Stelle beider Längsträger passt. Und diese Längsträger sind bereits auf dem Gummiwagen. 

Wenn alles also ganz dumm läuft, müßten wir theoretisch das hier alles wieder abbauen, den Schnürboden rausschmeißen, die beiden Längsträger wieder hinein bringen, wieder genau in der richtigen Position aufbocken, einen Ersatzbalken schälen, kantig machen, auf die Träger auflegen und seine individuell passenden Ausnehmungen ausarbeiten, dann alles bis auf den neuen Balken wieder raus, das ganze Tanzbodengedöns wieder reinschaffen, aufbauen und hoffen, daß es diesmal besser läuft. Au weia.








Das ist der First an einem der späteren Giebel. Aus dieser Perspektive wird man ihn nach dem Aufbau des Schuppens allerdings erst dann wieder sehen, wenn eines fernen Tages die Hütte wieder auseinandergebaut oder abgerissen werden muß. Vielleicht so in 100 Jahren. Toi toi toi und auf Holz klopf!






Das Selbe von der Seite...





Und so wird man es von unten sehen. Sieht gut aus, nicht? Es wird so aussehen, als ob wir einfach einen der Sparren rund ausgekehlt hätten, um den anderen dort aufzulegen und ihn dann mit einem Holznagel festzumachen. Aber es verbirgt sich natürlich eine echte Verblattung dahinter.





Nun kommt der erste Balken! Hier seht ihr, was mit den individuellen Ausnehmungen gemeint war. Es sind diese komischen Auskerbungen auf der uns im Bild zugewandten Seite des Balkens. Sie passen tatsächlich nur an eine Stelle der Längsträger. 








Jetzt wird es tricky. Wir haben zwar Schablonen von den Balken gemacht, diese aber ja nach dem ersten Anzeichnen der einen Seite für das Anzeichnen der zweiten Seite angepasst. Aber welche Seite des Balkens bildet sie nun ab, vorne oder hinten? Au weia. Auf dem Papier kann man Farben verwenden, wie Rot für links und Blau für rechts. Am Holz kann man einfach "links" oder "rechts" dranschreiben. Da muß man aber auch dran denken :)







Manchmal gibt es so Momente...










Die Verzapfung des Balkens wird aber auf Anhieb ein echter Hingucker! 









Der zweite Zapfen auch..









So! Das eine Ende ist an den Sparren angeschlossen. Hier muß alles stramm sitzen, denn das hier ist die vordere Kante des Daches, die ja eine Schleppe ist, also nicht auf einer Wand aufliegt. 






Wir können euch versichern, das andere Ende passt auch. Ob aber alle drei Teile dieses Dreiecks dann im Lot sind, und auch alle Maße millimetergenau stimmen, daß erfahren wir, und auch ihr erst in der nächsten Woche, denn nun ist erstmal WOCHENENDE!





Einen haben wir noch...


Wir schulden euch noch den Ausgang der Holznagel-Geschichte:



Wir haben ja vor drei Wochen rund 30 Holznägel mit nach Hause genommen. Torben hat sie bei sich im fußbodenbeheizten Wohnzimmer gelagert und Christian bei sich unter dem Holzherd in der Küche. 
Jeder hat zu Beginn einen seiner Holznägel gewogen.

Christians Test-Holznagel wog nach dem Spalten 279 Gramm und hatte einen Durchmesser von 32 mm (denn so haben wir das ominöse Nageldingsbums bemessen). Die gebohrten Löcher sind 30 mm im Durchmesser, d. h. so wäre der Holznagel 2 mm zu dick.



Vor rund drei Wochen.


Drei Wochen später, nach Lagerung direkt am Ofen wiegt Christians Test-Nagel nur noch 219,9 Gramm. Beim Einbau wird er auf jeden Fall weniger als 219 g wiegen. Und sein Durchmesser ist geschrumpft auf rund 30 mm. Passt also genau!



Aktuell


Nun kommt etwas simple Mathematik (keine Angst, Christian hat's hingekriegt, dann könnt ihr das erst recht.):

Ein Kubikmeter (m³) heimische Eiche wiegt bei 12 - 15% Holzfeuchte 770 Kg.
Der Test-Holznagel von den Bildern ist ein Zylinder von 40 cm Länge und 3 cm Durchmesser. Mit der Formel für die Berechnung von Volumina bei Zylindern kommt man nun weiter: 

V=πr²h (Volumen gleich Pi mal Radius zum Quadrat mal Höhe). 

Unser Holznagel hier hat demnach nun also ziemlich genau 282,74 Kubikzentimeter (cm³).

Nun wird gerechnet:

770000 ( so viele Gramm stecken in 770 Kilogramm) : 1000000 (so viele Kubikzentimeter stecken in einem Kubikmeter) = 0,77 

...also wiegt ein Kubikzentimeter (cm³) gut trockene Eiche mit 12 bis 15 % Holzfeuchte 0,77 g.

Mit der nächsten Rechnung können wir nun leicht herausfinden, wie trocken unser Holznägelchen nun ist, und das ganz ohne Messgerät:

282,74  (Volumen unseres Holznagels in cm³) : 219,9 (Gewicht unseres Holznagels in g) = 0,777g

Volltreffer!

Trocken genug ist er nun also, aber schrumpft er noch weiter, wird er zu dünn für unsere Bohrungen! 

Der Schwindsatz bei Eiche ist 0,4% in der Länge und radial (für uns interessant) 4,5 - 4,67%.

Bei 32 mm Anfangsdurchmesser wären das also theoretisch 1,44 mm bis 1,49 mm. Also besteht Hoffnung, daß er nicht unter 30 mm schrumpfen wird. 


Damit ist das Ziel erreicht, innerhalb kurzer Zeit Holznägel aus dem gleichen frischen Holz zu machen, aus dem wir das Gebäude bauen. 

Es ist heute noch Vorschrift, daß beim Verbauen frischen Holzes getrocknete Holznägel verwendet werden müssen, damit sie bei Aufnahme von Feuchtigkeit im eingeschlagenen Zustand etwas quellen und damit stramm im Loch sitzen. Unser Experiment zeigt uns, daß die Erbauer von Holzhäusern nicht auf bereits jahrelang abgelagerte Holznägel zurückgreifen mußten, um sichere Holzverbindungen zu machen. Sie mußten nur direkt nach dem Fällen der benötigten Bäume mit der Holznagelproduktion beginnen, damit sie Zeit haben, zu trocknen. Ach ja, und ein warmer Platz in der Nähe des Herdfeuers war sicher hilfreich.

Ein tolles Experiment!

Aber nun ist echt Wochenende. Bis nächste Woche!