Montag.
Schauerwetter.
Zwischendurch scheint dann und wann die Sonne.
So richtig will das Wetter es uns nicht gut gehen lassen.
Nützt ja aber alles nix, wenn wir es trocken haben wollen, müssen Schindeln auf das Dach!
In der Halle haben wir die Schindeln nach Breite sortiert und einen ersten Schwung von ihnen in Wannen gepackt, um sie zügig verfügbar zu haben, so, wie sie gerade gebraucht werden. Trotzdem ist es eine ungeheure Puzzelarbeit!
An den Giebeln haben wir "Endbretter" befestigt. Sie dienen als Behelfsrahmen für die äußere Schindelkante. Auch halten sie die beiden roten Richtschnüre, an der die unteren Schindelkanten orientiert werden. Später kommen diese Bretter natürlich wieder ab.
Immer wenn die Größen-Ansage von Torben kommt, "zwölfeinhalb und einmal einundwanzig", muß Christian erst einmal zusammensuchen und nacharbeiten. Denn die Schindeln sind selten im exakt benötigten Maß. Also Axt anlegen. Für dieses Projekt haben wir eine ganze Reihe verschiedener Spezialäxte und -Beile im Gebrauch. Vielleicht machen wir einmal einen Post nur dazu. Ein spannendes Thema!
Gelegentlich muß die Fläche begradigt werden, damit die Schindel einigermaßen liegt.
Manchmal fordert Torben ein exaktes Maß, wie eben 12,5 cm. Da die Schindeln mit den Fasern gespalten sind, läuft diese hier zum Beispiel von knapp unter 14 cm auf 13 cm zu. Daraus muß dann eine genaue "Zwölfeinhalb" werden. Und zwar am besten schnell.
|
Die Axt, die hier zum Einsatz kommt, ist eine schwedische Schnitzaxt. Im Hintergrund seht ihr an Torbens Gürtel ein kleines altdeutsches Zimmermannsbeil. Die Schneiden aller unserer Äxte und Beile werden rasiermesserscharf gehalten, damit sie zuverlässig funktionieren. Es gibt eine abendliche Schärfroutine an allen Axttagen, die erst mit der Politur der Schneide endet. |
Während Torben die Überlappungen optimal platziert, damit später auch ja kein Tropfen Wasser seinen Weg nach innen findet, steckt Christian bereits behauene Schindeln auf Vorrat unter die Latten. Der Zugriff ist so etwas schneller, und langes Rumstehen und auf Schindeln warten kommt nur selten vor. Für die richtige Überlappung der Schindeln achtet Torben darauf, daß bei allen drei Schichten jede Fuge zu allen anderen Fugen versetzt ist. So kommt es nicht einmal vor, daß die obere Fuge genau über der durch eine Schindel dazwischen überdeckten unteren Fuge liegt. Um das zu erreichen muß Torben also nicht nur auf die von oben sichtbare Fuge achten, wenn er eine neue Schindel auflegt, die diese Fuge überbrückt, sondern auch auf die Schicht darunter. Denn das Wasser würde sonst durch die Ritze zwischen den Schindeln zwar auf eine geschlossene Fläche der Schindel darunter laufen, dort aber weiter wie ein kleines Bächlein genau zur Ritze der darunter liegenden Schicht, von wo es dann innen vom Dach herabtropfen könnte. Das ist komplexer, als man denkt. Zwischen den Schindeln muß darüberhinaus ein kleiner Spalt offen bleiben. Denn dann können die Schindeln mit dem Wetter "arbeiten", also bei Trockenheit und Hitze z. B. schwinden, um sich dann bei feuchter Witterung wieder auszudehnen, also zu quellen. Auch kann sich jede Schindel ein bißchen nach oben biegen und sich später wieder flach legen, ohne die benachbarte Schindel kaputt zu reißen. Wenn man solche Schindeln dicht an dicht legen würde, würde so ein Dach überraschend schnell verfallen.
Wir haben lange überlegt, wie wir die Schindeln befestigen sollen.
Holznägel? Geschmiedete Nägel? Bei Holznägeln bestand von Anfang an die
große Gefahr, sehr viel Ausschuß zu haben; erstens, weil viele der
dünnen Holznägel beim Einschlagen brechen, zweitens, weil immer wieder
Schindeln durch sie gespalten werden. Geschmiedete Nägel sind zur Zeit
der vorrömischen Eisenzeit zwar denkbar und kamen weiter im Süden auch
wahrscheinlich oft zum Einsatz. Hier im Norden allerdings war Eisen
vermutlich nicht in so erheblichem Überfluß im Umlauf, daß man
alternativ zu Holzstiften genausogut fast 4000 Eisennägel hätte verwenden
können. Die Leute werden es wohl mit Holznägeln gemacht haben. Alternativ kann man Holzschindeln auch auf die Lattung aufnähen.
Allerdings
haben wir bei dem ganzen Projekt natürlich auch streng rechnen müssen. Und der Einsatz von mindestens
3500 Holznägeln (und mehr Schindeln) hätte den Kostenrahmen dann endgültig gesprengt. Wir
sind ohnehin schon sehr viel weiter gegangen, als es der schnöde Mammon
uns eigentlich gestattet hätte. Es
wäre dazu noch jammerschade gewesen, daß man von den Holznägeln dann überhaupt nichts gesehen hätte, denn sie wären ja immer von der nächst höheren Schindelreihe überdeckt und würden auch nicht bis ganz durch die Latten, die immerhin 8 cm stark sind, hindurchreichen, so daß man sie etwa von unten hätte sehen können. Und so wird halt mit Luftdruck genagelt. Man muß gelegentlich Kompromisse eingehen. Im First werden wir aber tatsächlich Holznägel verwenden. Die sind dann auch zu sehen.
Dann regnet es plötzlich übelst. Zeit für die Kaffeepause im Eisenzeithaus. Wenn niemand da ist, hält sich gelegentlich eine Schleiereule hier auf. Ihre Spuren verzieren inzwischen die Wand im Hintergrund. Torbens Regenschutz besteht nur aus einem Zimmermannshut, während Christian sich heute von Beginn an für Regenklamotten entschieden hat. Dafür schwitzt Torben nicht, wenn die Sonne raus kommt. Der Regen hat auch sein Gutes. So können wir sofort sehen, ob das Dach auch dicht wird. Man muß in dieser Zeit ja positiv denken!
Kaum kommt die Sonne raus, geht es weiter. Und Christian schwitzt.
Es ist unfassbar, wie viel Zeit das ganze Gepuzzel frisst. Wir schaffen lediglich 20 cm fertige Dreifach-Überlappung - in 2 Stunden!
Aber gut Ding will einfach Weile haben.
|
Hier seht ihr schön die Technik der "Dreifach-Überlappung". Auch könnt ihr hier gut die Funktion des "Endbretts", unseres Behelfsrahmens erkennen. |
Es ist mühselig und verblüffend langwierig, aber...
auch sehr lohnend.
Die unruhige Oberfläche hat Charme..
Und dann, nach stundenlanger Puzzelei....
Dieser Anblick! Wenn das nicht super schön ist! Oder etwa nicht?
Am späten Nachmittag, gegen halb fünf (was man in Norddeutschland halbfümpf ausspricht), zeigt sich zum ersten Mal der Effekt der
besonderen Ausrichtung des Gebäudes! Nachdem den ganzen Vormittag die Sonne - wenn sie denn mal schien - das vorderseitige Dach beschienen hat, bestrahlt die Abendsonne das rückwärtige Dach mit ihren UV-Strahlen! Moosbefall wird es da zum Glück sehr schwer haben! So besteht Hoffnung, daß das Dach sich lange erhalten kann. Es wird durch die Sonne im Laufe der Zeit silbergrau werden.
In den nächsten Tagen ist leider mal wieder übelstes Regenwetter gemeldet. So kann es leider erst danach weiter gehen. Aber dann soll der Frühling Einzug halten und wenn alles gut geht, sollten wir in 8 guten Arbeitstagen mit der Dachhaut fertig sein. Ob es so klappt..? bleibt dran!