Sonntag, 16. Oktober 2022

Erste Hinweise auf das neue Innenleben des Wohnteils im Eisenzeithaus!

Die letzten beiden Wochen waren extrem zäh, ein langwieriger Arbeitsgang forderte jede Geduld und Ausdauer. Aber wartet ab, was daraus wird! 

Zunächst wird von Torben jede Eichenbohle an der Grenze von Splintholz zu Kernholz der Länge nach exakt auf die passende Nachbarbohle zugeschnitten. Mit Stichsägen! Bei 5 cm dicken Bohlen und insgesamt fast 300 Metern Sägeschnittlänge eine echte Herausforderung, kein Schnitt wie der andere, keine geraden Schnitte. Deshalb kann man keine Kreissäge dafür nehmen. Der gesamte Zuschnitt wird am Ende eine ganze Woche dauern und viele Stichsägeblätter verschleißen!

Torben. Welche Bohle mit welcher anderen gut zusammenpassen wird und wo die Schnitte sein müssen, ist Konzentrationsarbeit. Das ist alles sehr langwierig, aber dafür wird jede Bohle optimal ausgenutzt, es gibt nur extrem wenig Verschnitt und Abfall. Es fällt nur die Borke und das Splintholz ab. Torben ist ein Zimmermeister, dem die alten Werte viel bedeuten. Heute würden die meisten einfach mit der Kreissäge schneiden und dabei viel Zeit sparen aber auch viel Holz verschwenden. 




Das ist die angestrebte Passgenauigkeit; Bei dieser Technik stoßen die Kanten der Bohlen perfekt an ihrer Splintgrenze zusammen. 

Ein quadratisches Loch? Warum?



Jetzt wird dieses Altertum, eine Dechsel, für einige Stunden zum Einsatz kommen.

Chris bearbeitet nun die Oberfläche der Bohlen mit diesem Ding und verdichtet zugleich die Holzoberfläche. Währenddessen hält ein Helfer (der hier auch das Foto schoß) von hinten oder der Seite immer wieder kurz mit Pressluft drauf, damit die Späne sofort wegfliegen und den Blick freimachen.

Hier sieht man den Unterschied, oben rechts im Bild gedechselt, unten links noch "roh".


Der Glanz kommt von der Verdichtung, die Holzzellen werden von der Stirn der Dechsel zusammengedrückt. 


Auch dieser Arbeitsgang dauert elendig lange. Nicht eine Woche, aber doch ungefähr 8 Stunden, dem Rücken geschuldet verteilt auf zwei Tage. Aber das Resultat sieht einfach fantastisch aus! Oder?


Nanu? Noch zwei Löcher, diesmal rund? 

Die handgehauene Oberfläche. Genau so sah es auch vor 2300 Jahren aus, wenn gespaltene Bohlen mit dem Dechsel in die endgültige Form gebracht wurden. Die richtigen Werkzeuge dafür sind unter anderem auf der Schnippenburg gefunden worden. Klickt für eine größere Ansicht auf die Bilder :)


Und so sieht das Ergebnis aus. Na klar! DAS wird der neue Boden für den Wohnteil des Eisenzeithauses! Das quadratische Loch ist an der Stelle, wo später die Feuerstelle hin soll. Und die beiden runden Löcher lassen bald die beiden Pfosten durch.  

Das alles muss nun "nur noch" wieder auseinander gebaut und ins Eisenzeithaus eingebaut werden. Und dann auch ganz genau passen!   

So wird der Boden im Wohnteil am Anfang aussehen. Den Rest erledigen dann die Füße. Die Eiche wird dann liegend trocknen. Dabei wird jede Bohle noch gehörig arbeiten und schrumpfen. 


Detail der Oberfläche. Schon nach kurzer Zeit werden die feinen Fasern abgerieben sein und nach und nach poliert sich dieser Boden selbst.


So viel Aufwand für den Boden im Wohnteil? Holzdielen? Gab es sowas überhaupt? Wir denken: Ja! Kilometerlange Wege aus Eichenbohlen auf  Unterkonstruktion sind während der Eisenzeit durch die Moore nördlich von uns gebaut worden, damit ist es technisch alles andere als undenkbar, dass man mit etwas mehr Sorgfalt Eichenbohlen auch in Häusern verbaut hat. Der alte Lehmboden gab so enorm viel feinen Mineralstaub ab, dass die Idee entstand, es beim nächsten Mal anders zu machen. Und voila! Ein Eichenboden wird demnächst im Wohnteil des Eisenzeihauses für eine vollkommen andere Atmosphäre sorgen. Auf Holz wohnt es sich sicher erheblich besser. 

Aber nicht nur das wird sich ändern! Was machen diese Coronatester denn da? Oder sind es am Ende Tatortreiniger? Hm...


Harff-Peter und Maike


Nein, es sind natürlich gar keine Coronatester. Auch keine Tatortreiniger. 
Es sind Harff-Peter und Maike, die zusammen mit dem Autor vorhaben, Sumpfkalktünche auf die frisch mit Lehm neu verputzten Wände im Wohnteil des Eisenzeithauses zu verstreichen. Und die ist nicht ungefährlich während der Verarbeitung. Sie ist stark alkalisch (PH-Wert 12!). Wenn sie ausgehärtet ist, ist sie harmlos. Aber sie ist pilztötend und sorgt für eine gesunde Luft im Haus. Aber das ist nicht der Hauptgrund. Wir haben ja keine Fenster im Eisenzeithaus. Und trotz Feuer und denkbare Fett- oder Wachsdochtlampen war es immer sehr dunkel im Haus nach Sonnenuntergang, der in den Wintermonaten schon früh den Tag beendet. Mit gekalkten Wänden wird sich das ändern. Denn nun absorbieren die Wände das Licht nicht mehr, sondern reflektieren es. Wir sind auf den Effekt sehr gespannt!

Zunächst wird man nix von irgendeiner farblichen Veränderung bemerken. Die Lösung ist dünn wie verdünnte Milch.

Maike, rechts von ihr ist schon "gestrichen", links noch nicht. Kaum ein Unterschied, oder?

fertig gekalkt.



Nach ein Paar Tagen wird das hier richtig hell, fast weiß! Die Lösung mit Calziumdihydroxid, oder auch Kalkhydrat genannt, reagiert durch das CO2 aus der Luft und durch Abgabe von Wasser zu Calziumcarbonat, und damit zu einer dünnen Schicht Kalkstein. Manche, die diesen Blog schon länger kennen, erinnern sich vielleicht an den 15-Pfosten-Bau. Auch er wurde so geweißt. Hier gibt es zu diesem uralten Verfahren auch einen kleinen Geschichtsexkurs.

Und genau an diesem Bau haben wir geübt. Denn die Südwestwand ist ebenfalls in den letzten Tagen neu verputzt worden. Nun können wir unsere Kalktünche ausprobieren.

Langsam verwandelt es sich in Weiß. Wie wir die Kalkspritzer vom Holz wieder herunter bekommen sollen, wissen wir auch nicht so recht :). Profis hätten abgeklebt, klar.

Oben ist eine dreieckige Fläche noch ausgespart. Wir hatten gerade keine Leiter parat :). Wir sind solche Malerhandwerks-Amateure.

 

Jetzt muss alles leicht antrocknen, bevor die nächsten Schichten aufgetragen werden können, aber nicht zu sehr, naß in naß soll es gemacht werden. 

Torben ist nun für eine Woche im Urlaub und genießt das Mittelmeer. Wir haben schon die ersten Bilder gesehen, auf denen er einen Kopfsprung ins azurblaue Naß macht. 

Der Bau ruht aber deshalb nicht ganz. 

Thilo wird nach und nach Pfostenloch für Pfostenloch mit Stampflehm verfüllen, auch ein echt langwieriger Prozess. 

Und der Autor wird weitere Schichten Kalktünche auftragen. Eine recht geruhsame Woche wird das.

Erst in der übernächsten Woche wird es nochmal hektisch.  Denn dann kommt der Holzboden endlich hinein. Und dann sehen wir zum ersten Mal das Gesamtergebnis der Sanierung des Eisenzeithauses!

Wir freuen uns sehr darauf, zum ersten Mal das Herdfeuer dort in Betrieb zu nehmen und in Ruhe einen so gar nicht eisenzeitlichen Kaffee darauf zu brauen... aber dafür muss die Feuerstelle erst mal gebaut werden. Und die Lehmfüllung in der Unterkonstruktion unter dem Holzboden sollte etwas angezogen haben. 

Hier kommen jetzt noch ein paar nachgetragene Bilder, die die Verwandlung der Kalktünche durch die Einwirkung des CO2 dokumentieren sollen:

Zuerst schauten wir uns heute Abend unsere Übungswand an.

Gestern

Heute Abend, die Reaktion ist sehr deutlich!


Heute Abend

Wow! Was für ein Ergebnis! Aber wie wird es im Eisenzeithaus aussehen? Um diese Tageszeit ist es dort drin gewöhnlich schon sehr dunkel. 

Bereits das Licht des Handys lässt das Weiß richtig leuchten! Rechts die nicht frisch verputzte Wand mit bereits weißer Kalktünche. Ob sie sich mit dem Untergrund richtig verbindet, wird sich noch zeigen. Links auf dem frischen Lehmputz braucht die Kalktünche länger, um zu Carbonat zu werden. Dafür aber verbindet sich die Tünche besser mit dem Lehmputz. Und weiß wird es am Ende ebenfalls sein. 

Die Kalktünche auf frischem Lehmputz nach 24 Std.



Vergleich rechts und links.

Jetzt habt ihr endlich erfahren, was euch demnächst im Wohnteil des Eisenzeithauses erwartet.

Nächste Woche kommt das Update erst gegen Freitag. Klickt gerne wieder vorbei, wir freuen uns!

Bis dahin eine schöne Woche!

Chris






Mittwoch, 12. Oktober 2022

Ein kleiner Appetit-Happen vom Eindruck des sanierten Eisenzeithauses

Auf der Zielgeraden ist zwar kaum Zeit für ausführliche Artikel. Dennoch wollen wir euch gern ein paar erste Eindrücke davon geben, wie die alte Lady inzwischen aussieht! Erstmal nur von außen und ein klitzekleines Äugeln ins Innere des Stalles. Der Wohnteil innen ist noch unser Geheimnis! Das heben wir uns noch etwas auf, um euch noch zappeln zu lassen :). Keine Angst, spätestens am Wochenende werdet ihr wissen, was euch da drin bald erwartet!

Rückblick: So sah es noch vor ein paar Wochen aus, ein ziemlich trauriger Anblick. Und da wussten wir noch nicht, wie schlecht es um die Pfosten wirklich bestellt war...

Das arme Ding!

Eisenzeithaus im Dezember 2020. Alle Pfosten waren in der Erde vollkommen aufgelöst. Das Reetdach war sogar auf der Südseite ganz vermoost und der Heidefirst fast nicht mehr vorhanden. Die Nordseite sah aber viel schlimmer aus.


Eisenzeithaus im Dezember 2020. An den Pfosten im Eingang hier noch die Notreparatur. Der Bau hielt nur noch durch die Lehmwand. Noch ein Jahr oder zwei und er wäre nicht mehr zu retten gewesen. 

In anderen archäologischen Freilichtmuseen hat man Häuser in diesem Zustand schon abgerissen, weil eine Sanierung schwierig und teuer ist. Nachhaltig ist das nicht. Und wie ihr euch sicher erinnern könnt: Wir haben kurz vor Weihnachten 2020 ein Versprechen gegeben, als es der Patientin bereits sehr schlecht ging. Uns gut um sie zu kümmern :) Und das Versprechen haben wir eingelöst!

Denn so sieht die Hübsche inzwischen aus! Vollständig genesen von ihren Gebrechen. 

Eisenzeithaus im Oktober 2022


Eisenzeithaus im Oktober 2022

Eisenzeithaus im Oktober 2022



Eisenzeithaus im Oktober 2022. Auf diesem Bild sind die Gruben der neuen Pfosten noch nicht verfüllt.

Das sanierte Dach im Oktober 2022 mit den neuen Dachreitern

Oktober 2022. Die Pfosten sind unten im Loch so gesetzt, dass Wasser sich nicht stauen, sondern unter dem Pfostenende absickern kann, die Löcher sind mit gepresstem Stampflehm dicht gefüllt und oben ist zum Schutz ein schräg abfallender Ring aus Lehm angebracht.

Oktober 2022. Die Wände werden innen neu verputzt.

Oktober. 2022. Fertige Stampflehmtenne im Stall mit Holzspänen als Scheuermittel




Auf folgenden Bildern könnt ihr den Werdegang des Stalles nachvollziehen:


September 2022. "Alter" Stall. Der alte brüchige Lehmboden ist noch drin, die Pfosten bereits ausgebaut.

Lehmboden raus, neue Pfosten schon drin. Loch verfüllt.


Vorbereiten für den Einbau der Stampflehmtenne
Oktober 2022. Stampflehmtenne fertig.

Das Ganze noch mal aus einer anderen Perspektive:

Alter Lehmboden raus, neue Pfosten schon drin und Loch verfüllt.
Mit fertiger Stampflehmtenne und neuen Pfosten.



Hier mal ein besonderer Vergleich: Bilder vom Neubau vor anderthalb Jahrzehnten verglichen mit Bildern aus diesem Herbst 2022.
Für jemanden, der damals beim Neubau dabei war, ist das wie ein Dejavu! 

Vor anderthalb Jahrzehnten (2008). Neubau.
Oktober 2022, junge alte Lady :)

Nochmal aus anderer Perspektive:

Vor anderthalb Jahrzehnten (2008), von Westen.
Oktober 2022, von Osten. 



Wenn ihr die letzten Bilder genau vergleicht, könnt ihr an den Pfosten schon einen vielleicht wesentlichen Unterschied erkennen. An den alten Pfosten war der Bast, der direkt unter der Borke von Eichen sitzt, sogar zum Teil noch dran. Natürlich war dann auch das Splintholz noch dran. An den neuen Pfosten gibt es kein Splintholz mehr. Zusammen mit dem gänzlich anderen Einbaukonzept haben wir nun alles uns Mögliche getan, um die Haltbarkeit wahrscheinlich erheblich zu verbessern. Die Zeit wird zeigen, ob wir damit Erfolg haben.

So, nun seid gespannt, was euch schon in den nächsten Tagen erwartet, wenn wir euch zeigen, was wir demnächst in den Wohnteil einbauen! Diese Geschichte kommt am Wochenende, als Bonbon, bevor Torben in seinen verdienten Urlaub abdüst! 

Bis ganz bald also!

Chris