Wie versprochen diesmal viele Bilder, nicht mehr sooo viel Text, der Autor ist müde nach einem langen Tag ;)
Wie kann man bei einem Mittelpfostenhaus die langen Firstpfosten austauschen, ohne das Dach abzudecken oder Wände einzureissen? Wir haben das gestern und heute am Eisenzeithaus gemacht.
Die Mittelpfosten sind rund einen Meter länger als der Abstand zwischen Firstpfette oben und Boden unten, weil sie unten etwa 80 cm tief in den Boden eingelassen werden und oben in der Firstpfette ja noch mit einem Zapfen im Zapfenloch stecken sollen. Diese langen Teile durch die kleine und niedrige Tür hinein zu schaffen und an der passenden Stelle aufzurichten, oben auch die Zapfenverbindung sauber an das alte Zapfenloch in der Firstpfette anzuschneiden ist ganz schon fummelig.
Aber zuerst mal müssen ja die alten Pfosten raus. Dabei sollten wir entdecken, wie schlimm der Zustand der Pfostenenden tatsächlich ist.
Für das Rausholen müssen die Pfosten zunächst entlastet werden. Zu diesem Zweck bauen wir Stützen ein, die, unter Spannung gebracht, die Funktion der beiden hinteren Pfosten im Stallteil fortan übernehmen. Sie sind sozusagen wie Krücken für uns Menschen, wenn wir mal ein Bein nicht voll belasten können. Dabei ist es mucksmäuschenstill, denn jedes Knacken verrät etwas über das, was gerade im Gebälk passiert, wo Spannungen frei werden oder neu entstehen oder irgendetwas anderes seltsames passiert...
Wenn alles statisch stabil steht, können die nun funktionslos gewordenen alten Pfosten etagenweise von oben nach unten in kleinere Abschnitte gesägt und diese Abschnitte dann am Kettenzug, einer Art Flaschenzug, abgefiert werden. "Abfieren" kommt aus der Seefahrtsprache und bedeutet "herablassen". Und tatsächlich hat das, was wir hier machen, einiges gemein mit dem, was auf Holzschiffen mit Masten so gelegentlich passiert.
Irgendwann stehen quasi nur die unteren Enden noch. Das sieht ziemlich seltsam aus...
Diese Pfostenstummel müssen nun ausgegraben werden (was in unserem Falle eine elende Quälerei ist, denn sie sind in Beton eingebaut!)
So steht nun der gesamte hintere Teil des Daches (hier ist es ein sogenanntes "Walm") im Stallteil nur noch auf den "Krücken", die Beine sind nun ganz weg, besser gesagt, die Pfosten sind raus.
Das Gleiche in der Mitte des Hauses. "Krücke" drunter...auf Spannung bringen, und dann Bein, äh, den Pfosten...
..absägen.
Nun aber ziehen wir mit dem Kettenzug den unteren Teil des Pfostens versuchsweise gerade aus dem Loch heraus... das hinterlässt ein etwas kleineres Loch. Ist im Grunde wie Zähneziehen beim Zahnarzt.
Oje...sieht der verrottet aus! Wir gucken uns das Drama gleich mal draußen genauer an.
Krass! Nur noch Mulm!
Im Wohnteil haben wir schon angefangen, den Lehmboden um die Pfosten zu entfernen und den Beton freizulegen... Auch die Feuerstelle ist schon entfernt.
Blick am nicht mehr vorhandenen mittleren Mittelpfosten vorbei zur Tür. Hier sollen morgen die fast 6 Meter langen Trumme hineinbefördert und dann noch im Haus aufgestellt, mit dem Zapfen oben in die Zapfenlöcher der Firstpfette, und unten in den Gruben vernünftig gesichert werden!
Das Loch um die alten Pfosten im Wohnteil stemmen wir mühevoll Handbreit für Handbreit aus. Der Schutt kommt sofort raus auf den Anhänger...
Blick nach oben zu den Zapfenlöchern der hinteren Pfosten im Stallteil... hier seht ihr, wo die entsprechenden Gegenstücke am oberen Ende des Pfostens, die sogenannten Zapfen, hinein müssen. Die Pfostenenden werden genauestens vorgeschnitzt, aber die endgültige Einpassung erfolgt dann dort oben...
Die Pfostengrube im hinteren Stallteil
Die Pfostengrube im Mittelteil... der Beton ist hier zu großen Teilen noch drin.
Blick an den Pfosten des Wohnteils nach oben zur Firstpfette in fünf Metern Höhe. Auch diese Pfosten werden wir ausbauen.
Die Kettenzüge, ihr seht sie hier vom First hinabhängen. An ihnen lassen wir alles runter, was runter gelassen werden muss und ziehen hoch, was wir hoch ziehen müssen....
Alles soweit klar für die Operation des Patienten morgen. Die Nacht wird nahezu schlaflos.
Am anderen Morgen. Jürgen Berkemeyer, der auch damals beim Richten des Eisenzeithauses dabei war und auch beim Richten des Fünfzehnpfostenbaus, kommt, um dritter Mann zu sein. Auch er ist wie Torben Zimmerermeister.
Der große Teleskoplader, den ihr schon aus den älteren Geschichten kennt hat nun vorne einen langen selbst entworfenen "Rüssel" montiert. Mit ihm und dem Feingefühl von Torben sollen die "langen Elende" durch die Tür eingefädelt und dann von den Kettenzügen übernommen und hochgezogen werden.
Hier kommt der erste Pfosten bereits durch die Tür "geschwebt"...mit dem unteren Ende voran.
Dieses Ende muss es nur noch irgendwie in das Loch schaffen :)
Der Kettenzug übernimmt... fast wie das Aufrichten eines Masts auf einem großen Segelschiff.
Passt, wackelt und hat Luft, der erste der neuen Pfosten steht! Himmel sei Dank!
Es ist ein Gewürge, das Ding stramm unter die Firstpfette zu drücken - von unten aus dem Loch heraus. Dazu dienen zwei Radwinden, von zwei Seiten des Pfostens, zwei keile und ein Spanngurt. Damit kommt nicht zu viel Druck von unten auf die Firstpfette, weil sonst der Gurt einfach hochrutscht. Stramm drunter ja, zu viel Druck lieber nein. Unter den Pfosten soll später eine spezielle Konstruktion, doch dazu etwas später.
Knack, knack, knack...das ist nur das Geräusch der Sperr-Rasten der Radwinden, nicht vom Gebälk!
Auch der Pfosten im Mittelteil steht.
Er wird mit zwei Kettenzügen stramm unter die Firstpfette gezogen... immer mal Neues probieren...
Das Pfostenende haben wir diesmal mit Lehmschlamm eingerieben (nächstes Bild). Der Pfosten selbst steht auf einer Unterkonstruktion, die noch experimentell ist. Ganz unten im Loch liegt eine dicke Stahlplatte, darauf steht mit einer Mutter eine Gewindestange, eine zweite Mutter ist darüber bis zu einem mittig durchbohrten Pflasterstein aus Beton hochgedreht und kann mit dem Schraubenschlüssel nun den Pfosten von unten hochdrücken, damit die Spannung stimmt. Den Zwischenraum zwischen Stahlplatte und Pflasterstein, der übrigens kleiner ist als der Durchmesser des Pfostens, füllen wir später mit einem speziellen, nicht schrumpfenden und nicht quellenden Mörtel aus. Die gesamte Grube werden wir zum Schluss, wenn der Mörtel fest ist, mit Stampflehm ausfüllen. Wir versprechen uns davon zweierlei: Zunächst hoffen wir natürlich, dass der Lehm einen günstigen Effekt hat auf die Haltbarkeit des Pfostenendes. Aber irgendwann werden auch die neuen Pfosten verrottet sein. Dann aber wird es viel leichter sein, die unteren Enden einfach auszugraben und zu entfernen. Weil nun aber die gesägte Stirnfläche des Pfostenendes keinen Kontakt mehr zu organischem Boden hat, hoffen wir, dass das sehr lange dauern wird.
Blick an den neuen Pfosten im hinteren Stallteil hinab in ihre Grube...
Blick an dem nun schon erneuerten Pfosten im Mittelteil vorbei zur Tür, durch die wir alle neuen Pfosten eingefädelt haben...
Blick an den neuen Pfosten nach oben zur Firstpfette.
Hier mal eine Vorher-Nachher-Serie...
Alte Pfosten im hinteren Stallteil noch drin, Grube noch nicht ausgestemmt...
Alte Pfosten ausgebaut und Grube ausgestemmt...
Neue Pfosten am Platz und fertig eingezapft.
Blick zur Tür bei ausgebautem Pfosten im Mittelteil...
Selbe Perspektive mit neu eingebautem Pfosten..
Nun nur noch ein paar andere Blickwinkel...
Und ein paar Schockfotos. So sah einer der Pfosten im Wohnteil des Hauses beim Rausziehen aus. Es war wirklich allerhöchste Zeit. Wir fühlen uns wie Zahnärzte.
Die ganze Aktion war zwar bis ins Detail geplant, aber alle archäologischen Nachbauten sind so einzigartig, dass man einfach nie genau weiß, wie die spezielle Konstruktion auf Maßnahmen dieser Art reagieren wird. Wir haben es ja nicht mit historischem Fachwerk zu tun, bei dem es enorme Erfahrung gibt und bei dem sich bestimmte Verfahren seit langem bewährt haben.
Es ist nicht gut, Pfosten eines archäologischen Pfostenbaumodells einzubetonieren. Irgendwann muss sich jemand damit quälen, die verrotteten Pfostenenden aus dem Beton heraus zu stemmen. Daran sollte immer beim Einbau schon gedacht werden. Und dass das "Irgendwann" nicht erst die nächste Generation von Leuten betrifft, können wir hier gut bezeugen!
Die Pfostenenden sind beim Ersteinbau damals übrigens einfach in ins Erdreich gegrabene Gruben eingesetzt worden, die dann mit Beton verfüllt wurden. So hat man das zwar auch in der Ur- und Frühgeschichte gemacht, natürlich ohne den Beton, aber heute will man von so einem Nachbau gerne etwas länger etwas haben. Denn wenn die Stirnfläche der gesägten Pfostenenden auf dem blanken Erdreich aufliegt, zieht sie wie tausende Strohhalme permanent Wasser aus dem Untergrund, wie Schnittblumen in der Vase. Eine Trennung zwischen Pfostenende und Grubengrund könnte da Besserung bringen. Aber bis wir das belegen oder widerlegen können, werden sicher von nun an viele Jahre vergehen, hoffentlich zwanzig, dreißig....
Morgen (Samstag) kommt Thoren, den ihr schon von der letzten Geschichte über den 15-Pfosten-Bau ("Bagger-Gaudi") kennt. Er wird mit einem wirklich minikleinen Minibagger den Lehm aus dem Stallteil heraus kratzen, um Platz zu machen für den echten Stampflehm.
Am Montag bauen Torben, Jürgen und ich noch die neuen Pfosten des Wohnteils ein, bringen die experimentelle Unterkonstruktion und den "Zwischenraummörtel" ein und dann machen wir uns ab Montag Nachmittag an den ersten der 24 Außenpfosten auf ähnliche Weise zu schaffen. Denn dann sind wir drinnen erstmal vorläufig fertig und die Lehmbauer (auch sie kennt ihr schon) können mit der Stampflehmtenne im Stall beginnen. Bei den Außenposten wird uns zum Nachteil, dass wir nicht stehen können, alles müssen wir gebückt, kriechend und kniend machen. Was tut man aber nicht alles um die alte Lady zu retten....
Vielen Dank für eure Geduld, bis hierher wieder alles durchgelesen zu haben!
Wenn es wieder Neues gibt, geht es auch hier weiter.. Bleibt uns gewogen!
Chris