Donnerstag, 30. April 2020

Der Lehmbau hat begonnen


Nicht zu warm, leichter Wind, immer wieder sonnige Abschnitte. So sieht das perfekte Wetter für den Lehmbau aus. Gestern bereits hat die Truppe von Hasko Lehmbau und Lehmsteine-Manufaktur mit dem Ausstaken begonnen und heute ging es weiter, wobei bereits parallel der erste Lehmverstrich aufgebracht wird. Der Name Hasko setzt sich aus den Nachnamen von Frank Haverkamp und Andre Skolaski zusammen, die den Betrieb in Bohmte vor vielen Jahren gründeten und immer noch führen. Dort werden auch Lehmziegel wie vor vielen hunderten Jahren rein von Hand gemacht und an der Luft getrocknet, spannende Sache! Diese Leute zählen zu den erfahrendsten Lehmbauspezialisten Deutschlands. In dieses Gebäude haben sich so quasi die letzten ihrer Zunft eingebracht, vom Zimmerer traditionellen Holzbaus, über Holzschindelmacher bis zu den Lehmbauspezialisten.

Wir halten uns hier auf der Baustelle übrigens so weit es möglich ist, an die Regeln und tragen einen Mund-Nase-Schutz. Nur für diese Bilder wurden sie allerdings kurz abgenommen. Denn diese Bilder werden ja jahrelang zu sehen sein. Wär doch jammerschade, wenn dann dieses blöde Virus sein Denkmal in Form von Hygienemasken bekommen würde. Das gönnen wir ihm nicht! Nach dem Bild kamen die Masken wieder auf.


Die Lehmbauer sind aus unserer Gegend und seit vielen vielen Jahren machen sie nix anderes als historische Lehmbauten restaurieren, sogar Neubauten, die im traditionellen Stil gemacht werden, sind ihr Gewerk. Es ist faszinierend, mit welcher Technik sie die merkwürdigsten Winkel mit Geflecht füllen. Zum Ausflechten werden hier Weidenruten, aber aus Haselruten genommen. Dies ist wahrscheinlich das älteste Bauhandwerk der Welt! So hat man das bereits im Mesolithikum vor über 10000 Jahren in einfachen Hütten und sogar für Fischzäune gemacht.


Tedi beim Ausflechten



 Fast schon schade, daß später davon nichts mehr zu sehen sein wird...











Die Pfosten werden bei dieser Gelegenheit im Übergangsbereich zum Erdboden mit Lehm eingestrichen. Lehm ist antibakteriell und fungizid zugleich, dabei diffusionsoffen, das heißt, daß Feuchtigkeit entweichen kann. Ein guter Schutz für das Holz! Für diesen Anstrich, aber auch für die Wände und später für den Boden müssen genaue Rezepturen des Lehms eingehalten werden. Man kann nicht irgendeinen Lehm dafür gebrauchen. Es gehört Erfahrung dazu, einzuschätzen, wie "fett" oder "mager", wie fein, oder wie grob dieser Baustoff sein muß für die unterschiedlichen Einsatzbereiche. Nach dem Abbau des Lehms muß er gesiebt, von Steinen befreit und weiter verfeinert werden. Dann muß die richtige Mischung mit Häcksel, Wasser, gegebenenfalls Sand, erreicht werden. Der Lehm muß auch bei der richtigen Witterung verarbeitet werden, damit er in der richtigen Geschwindigkeit "anzieht", nicht zu schnell, und nicht zu langsam. All das lernt man nur mit der Zeit.














Die Staken sind zumeist einfache dünne Kanthölzer aus Eiche. Man kann dafür eigentlich alles an Resten verbraten, was anderswo abgefallen ist, solange es kein splintiges Weichholz ist. Für Spaltlinge ist der Aufwand hier, wo sie nur im Inneren der Lehmwand sitzen, zu groß, und wir haben uns ja entschieden, da Abkürzungen zu nehmen, wo es ohne Bedeutung für das spätere Gebäude ist. Dennoch werden hier und dort gespaltene Staken eingebaut. Sie sind zum Teil mehrere hundert Jahre alt und stammen aus alten Fachwerken.

Die Schwierigkeit bei Pfostenbauten ist, daß die Staken nach unten kein Gegenlager haben, wie ein Schwellbalken oder eine Sockelmauer. Hier muß es dann ein Feldstein tun. So hat vermutlich die initiale Inspiration für die späteren Schwellbauten ausgesehen. Der Gedanke, alle Stützen eines Gebäudes auf solche "Sockel" zu stellen, und sie damit aus der Feuchtigkeitszone der Erdoberfläche zu heben und dauerhaft haltbarer zu machen, kam aber tatsächlich erst recht spät auf. Und dann setzte sich diese Idee immer noch nur sehr zögerlich durch.



Gestampfter Lehm, darauf ein Sockelstein, darauf die Stake. Die Wand wird mit all dem Lehm sehr schwer. Und man will ja nicht, daß sie unter ihrem eigenen Gewicht absinkt, und dann oben ein Spalt entsteht.







Hier steckt solch eine hunderte Jahre alte gespaltene Stake im Geflecht.








Mund-Nasenschutz ab fürs Foto...Rechts in der Hocke Marcel, Sohn von Frank Haverkamp, der bereits fest in den Fußstanpfen seines Papas steht und inzwischen ebenfalls ein gestandener Lehmbauer ist. Verdeckt hinter dem Pfosten steht Patrick, und weiter hinten Tedi.



Das Geflecht dient dazu, dem Lehm Halt zu geben. Es ist wichtig, ihn mit den Fingern in die Ritzen und Zwischenräume zu drücken. Oft hört und liest man das Wort "Lehmbewurf". Das ist aber ganz falsch. Wer den Lehm so flüssig hat, daß er ihn einfach mit "Schmackes" an die Flechtwand werfen kann, so daß er sich in die Ritzen setzt, riskiert, daß die Wand ihn einfach wieder zurückwirft, oder aber fiese Trockenrisse entstehen, die man mühsam wieder füllen müsste. Drücken muß man. Und dann verstreichen. Später wird geputzt. Das wird spannend, denn dann wird direkt vor Ort Sumpfkalk hergestellt, nach uraltem Verfahren direkt an Ort und Stelle gelöscht... Dazu später mehr, wenn es an der Reihe ist.






Auf dem nächsten Bild sieht man gut die Technik: Jede eingeflochtene und eingeschobene Rute und jedes noch so kleine Hölzchen dient dazu, dem Lehm etwas zum Festkrallen zu bieten. Von Außen ist er hier durch die Zwischenräume hindurchgedrückt worden, wodurch er nach innen herausquillt. Dort wird er dann nach unten flach abgebogen. Dadurch hängt er fast wie auf der Wäscheleine zum Trocknen. Nach und nach wird weiterer Lehm auf dieser dann bereits angetrockneten Grundlage aufgebaut. An original erhaltenem "Hüttenlehm" aus archäologischen Funden z. B. der Eisenzeit sieht man noch oft die "Abdrücke" der Flechtruten. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde in ländlichen Bereichen noch exakt so gebaut. "Hüttenlehm" ist allerdings ein blöder Begriff, den die Archäologie langsam mal ausmustern sollte. Denn es ist Lehm aus der Hauswand. Der Begriff "Hütte" war in der Entstehungszeit des Begriffs abwertend gemeint und erzeugte Assoziationen mit vermeintlich "primitiven" Unterkünften,  die Gegenstand kolonialzeitlicher Völkerkundler waren. Daß auch die Menschen angeblich "primitiver" Völker nicht in Hütten, sondern in Häusern wohnen, sollte heute klar sein. Und auch wir haben für andere Zwecke die Hütte. Aber selten zum drin wohnen.





















Wenn man genau hinschaut, sieht man, dasß die Staken oben ins Holz eingezapft sind. Würde man das nicht machen, könnte man nicht flechten, oder aber die ganze Wand einfach ganz leicht herausdrücken.





 Baugetränk Nummer eins: Kaffee!
















Während die Jungs vom Lehmbau flechten und auslehmen was das Zeug hält (in einer Geschwindigkeit, die fast unglaublich ist), nutzen Simon und Christian die Zeit, um das Gelände shipshape zu machen und um das Gerümpel, das sich so mit den Jahren angesammelt hat, zum Wertstoffhof zu bringen.




Simon, der Unsterbliche ;)




Nun ist erst mal Feiertag und dann Wochenende. Montag geht es weiter...











Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke, daß ihr einen Kommentar hinterlassen möchtest! Wir haben inzwischen erfahren, daß ihr schon einige Kommentare geschickt habt. Irgendwie zeigt google sie uns aber nicht, so daß wir sie freistellen könnten. Das ist sehr schade. Wir versuchen, herauszufinden, woran es liegt!