Dienstag, 3. Dezember 2019

Endlich! Das Gebäude entsteht


Nun ist es ja so eine Sache, wenn man ein Gebäude auf dem Plan sieht, in dem die Maße stehen und die einzelnen Stämme, aus denen mal Balken werden sollen, oder gar die fertigen Balken.
Eine vollkommen andere Sache ist es, wenn man zum ersten Mal diesen Plan in 1:1 Größe sich vor sich materialisieren sieht.


Als allererste Tat haben wir heute morgen damit angefangen, uns die Balken, die zu den Pfetten des Rähms zusammenwachsen müssen, so zurecht zu legen, wie sie später im Gebäude auch verbaut werden sollen. Als Betrachter dieses Bildes schaut man quasi von der rechten Schmalseite ins Innere des Gebäudes (von der offenen Langseite ausgehend, die im Bild in Richtung linker Hallenwand sich befände).



Eine komplexe Messerei mit Richtscheit, Winkeln und Zollstock beginnt. Der Meister traf gestern Nacht seine endgültige Wahl für die Verblattung. Ein Blatt, das angesichts der während der mittleren vorrömischen Eisenzeit vorhandenen Werkzeuge machbar war.






Es ist ein faszinierender Prozess.. Man darf sich ganz sicher sein, daß solche Häuser vor über 2000 Jahren nicht von absoluten Laien gebaut wurden. Die Voraussetzungen waren damals ja die gleichen wie heute: Planung, Organisation, Logistik, Fachwissen, gutes Werkzeug und praktische Erfahrung waren nötig, um ein größeres Gebäude wie dieses Gebäude überhaupt in Angriff nehmen zu können. Doch wenn man überlegt, was damals in der selben Epoche weiter im Süden für Architektur existierte, man denke nur an Rom, Ägypten, Griechenland, die Türkei, überhaupt den gesamten nahen, mittleren und ferneren Osten, dann wird man sich nicht darüber wundern, daß man weiter im Norden ebenfalls beim Hausbau technisch nicht mehr in der Steinzeit war.



 Aus diesen vier Balken sollen zwei werden.



Bald schon wird sich zeigen, ob wir bei der wochenlangen Balkenmacherei genau gearbeitet haben, oder nicht...


 Wir haben sie ja nun zum ersten Mal nach drei Wochen wieder vor uns.
















Das Anzeichnen ist fertig. Ein gerades Blatt mit schrägem Einschnitt wird es werden. Das Baustellenradio, das uns in den letzten Wochen um die Wette mit den Motorgeräten zugedröhnt hat, schweigt. Es herrscht Ruhe, eine fast kontemplative Atmosphäre. Absolute Konzentration. Torben redet im Grunde nur, damit noch ein zweites Ohrenpaar die Worte hört, die er denkt, in der Hoffnung, dass das dortige dazwischen liegende Gehirn mitdenkt und rechtzeitig an den Mund den Befehl zum Einspruch sendet, falls ihm doch mal ein Logikfehler unterläuft. Er denkt und murmelt in Echzeit. Denn falsch geschnitten, und der Balken ist hin, da er zu kurz würde, wenn man ein neues Blatt machen müsste. Es muß alles sofort stimmen. Aber Torben macht keine Logikfehler. Zusammen drehen wir, peilen wir, messen wir, die Entscheidung, zu schneiden aber fällt Torben allein.



Und da ist es, das erste Blatt!


Doch damit ist noch nicht alles geschafft, denn jetzt muß das Gegenstück exakt so gefertigt werden, daß es in das erste greift. Nahtlos, wenn es geht. Da nirgends verlässliche Bezugspunkte an den Balken vorhanden sind, ist jeder Winkel, jeder Schnitt individuell. Nichts lässt sich übertragen; selbst die Orientierungsebene muß gepeilt werden, man darf sich nicht an der Oberfläche im Bereich des Blattes orientieren, sondern muß die ganze Länge des Balkens im Blick haben...Nun wird klar, wieso es immer zwei Leute braucht. Abgesehen davon, daß das Hantieren solcher Kolosse alleine sowieso unmöglich wäre.





 Und da ist nun auch das zweite Blatt. Wird es passen?? Und verbinden sich beide Balken gut zu einem?


 Die Spannung wächst...



Mit dem Spanner werden sie zusammengezogen. 





Diese Seite passt so exakt, daß wir beide es kaum glauben können...




Besser geht es wirklich nicht.




Aber auch die andere Seite passt sehr gut!



Hier gibt es auch nur sehr wenig nachzuarbeiten.




Es ist ein absoluter Volltreffer! Mit dem Dechsel diese Fase noch angleichen, "Fleisch" genug ist dort vorhanden, und dann passt es hier so exakt wie auf der gegenüberliegenden Seite.



Was im spitzen Winkel wie Einschnitte aussieht, sind nur die Striche des Bleistifts.

Nur wenige Millimeter müssen an der Fase abgenommen werden, um beide Fasen perfekt zu vereinen.

Das Nacharbeiten erfolgt, sicher genau wie vor über 2000 Jahren, mit einer normalen Säge, hier ein Fuchsschwanz.



Aus der Ferne sieht es nun wirklich wie ein durchgehender Balken aus!







Da das alles so aufregend war, kommt man beim zweiten Mal gar nicht mehr zum Fotografieren. Schwupps, da ist die zweite Verblattung!










An der Oberkante die Fase angleichen und - fertig!





 Hier beide nebeneinander...




 Von hier aus gesehen zwei mega lange Balken...



Das Blatt befindet sich auf dem Foto oben übrigens beim dritten Bock in Blickrichtung...



So wird nun noch die dritte Pfette gemacht und dann können wir bereits Zapfen! Auch wenn wir immer noch erst EINEN Holznagel haben.... Der Einsatz unseres geheimnisvollen Gerätes rückt näher!

Und die magische Hose fehlt noch.. Ohne sie geht es nicht... Denn: Nicht Kunst und Wissenschaft allein, Glück muß auch vorhanden sein!

P.S.: Lasst gerne Euer Feedback unten als Kommentar da. Bis demnächst, guckt gerne täglich hier vorbei, es wird regelmäßige Updates unserer Arbeiten geben.. 




Montag, 2. Dezember 2019

Ein Wendepunkt ist erreicht!

Montage sind Tage, die einem eigentlich leid tun können. Keiner kann sie ab (norddeutsch für: niemand mag sie). Aber der heutige Montag ist für uns der süßeste Montag aller Zeiten!
Denn heute haben wir einen echten Wendepunkt erreicht. Einen Augenblick, den wir uns beide wohl schon seit geraumer Zeit insgeheim herbeisehnten. Bereits am Samstag haben wir uns irgendwie darauf vorbereitet.
Denn wir haben im Schmiedefeuer ein Werkzeug gehärtet, das wir bald schon gut gebrauchen können. So hoffen wir jedenfalls.


So sieht das Ding aus, von dem wir uns eine ganze Menge versprechen. Zunächst mußte Wilfried das Ding auf ein etwas weiteres Stahlrohr aufschweißen, was gut wurde. Aber durch das Schleifen in Martins Werkstatt, wo wir das Ding auch her haben, ist vielleicht die Härte raus. War so ein Gefühl..


Daher haben wir kurzum das Schmiedefeuer angeworfen, um es auf die perfekte Härte und Zähigkeit zu bringen für den Job, den es erledigen soll.  Na klar hatten wir keine Ahnung, um was für einen Stahl es sich handelte, egal. Probieren.

...wenn man das so macht, muß man sich nicht wundern, wenn einem der Pelz - oder anderes - brennt. Es ist ein Rohr. Und die Wärme des Feuers kommt dadurch ziemlich gut voran.

Normalisieren, härten, anlassen ....

...noch rechtzeitig geschnallt (allgemein für: begriffen)

Probe mit der Feile....




Wir mußten das ganze mehrmals machen. Einmal in Öl, war nix. Dann in Wasser mit Ölfilm, nö. Regenwasser mit Eis drauf: Jo. Na gut. Nicht optimal, geht aber. Vielleicht. Was es ist? Laßt Euch überraschen...


Doch bevor es so weit ist, kam heute noch der Endspurt von Phase eins, der wohl anstrengendsten und zeitaufwändigsten aller Phasen überhaupt.

Inzwischen tragen wir beide seit längerem unsere Masken. Sie schützen unsere Atemwege vor Partikeln, aber auch vor organischen Dämpfen. Eigentlich sollte heutzutage niemand mehr solche Geräte mit Normalbenzin-Öl-Gemisch fahren, sondern nur noch mit Sonderkraftstoff. Hier tun wir das.  Aber auch dann sollte man die Gesundheit schützen. Dazu sind solche Masken enorm wichtig. Das sollte auch niemals peinlich gefunden werden. 

Wir legten heute den allerletzten Zahn zu, es ging nun nur noch um die letzten Teile: zwei Streben und vier kurze Sparren. Ein Klacks! Den Akt mit Axt und Dechsel sparten wir uns diesmal, wir hatten einfach "Stallgeruch in der Nase", wie man so schön sagt.... Wir hatten einfach genug von Lärm, Gestank und Spänen...






 Verschnaufpause, so weit das überhaupt mit Maske geht...





 ...aber noch sind wir nicht ganz durch

Es ist eigentlich die Haltung, das ständige Auf- und Absteigen, Balken Wuchten, das auf die Dauer schlaucht. Irgendwie werden wir das Gefühl nicht los, daß zum Schluß die Leistungskurve gewaltig nach unten geht.





 War klar, daß zum Schluß noch ein solch krummes Ungetüm kommen muß, mit dem Torben sich hier gerade auseinandersetzt.




 Das Ding ist eine Banane. Und es will eine Banane bleiben. Es wollte eigentlich immer eine Banane sein.

 Und es wird eine Banane bleiben. Ihr könnt sie ja später im Gebäude identifizieren. Aber seid nett zu ihr. Sie kann ja nix dafür (sie wird da eingebaut, wo für gewöhnlich Hunde... DAS SAGEN WIR IHR ABER NICHT)



 Das Heizgerät ist irgendwie heute überflüssig. Wir ölen (norddeutsch für transpirieren, oder wie es bei Männern leider ist: Wir schwitzen.....)




 Im Hintergrund sieht man schon, daß das fahrende Gerät schwerer wird.



Die Stunden tröpfeln wie zäher Honig den Tag herunter...

....


Draußen ist es bereits dunkel. Endlich! Juche! Das letzte Bauteil ist fertig! Wir gucken noch einmal in die Halle, in der wir die letzten Wochen tagtäglich ein und den selben Anblick genossen haben. Jeden morgen erwarteten und die Holzböcke. Und der Spänehaufen.



Nachts träumte man, man würde kommen, und es wäre alles fertig und bereits aufgeräumt. So wie hier:



 Und alle Balken wären schön sauber gestapelt, für die Zimmmerei-Arbeit geordnet... So wie hier:



...Platz wäre geschaffen... So ähnlich wie hier:






 ..und gefegt! ABER HEY! Es ist wahr!! Kein Traum!

Man glaubt es kaum: 6 Kubikmeter Holzspäne haben wir zusammengefegt und in Big-Packs abtransportiert. Nicht locker gefüllt, nein, dicht gerüttelt! 6 Kubikmeter Holzspäne! Es gibt intelligentere Methoden, Hackschnitzel zu fabrizieren.


Wir sind echt froh, Euch endlich demnächst etwas anderes zeigen zu können, als Holzspäne. Morgen wollen wir mit dem Abbund anfangen. Morgen beginnt das echte Zimmereihandwerk. Torben, der Zimmerermeister, wird ab morgen eine Quadratur des Kreises hinlegen, wenn es darum geht, hier drin ein ganzes Gebäude abzubinden. Inklusive maßstabsgetreuer Schablone und allem Drum und Dran. Ab Morgen hat Torben allerdings in seinem bisherigen Gefährten niemand mehr, der selbst weiß, was zu tun ist. Ab morgen wird er ihm alles erklären müssen. Denn Torben ist ab morgen zwar total in seinem Element, wie der Fisch im Wasser, aber eben nur er. Aber er ist fest entschlossen, das Ding komplett zu zweit durchzuziehen. Und noch in dieser Woche bekommt Christian von Torben die magische Hose verliehen. Das aber ist eine andere Geschichte. Grund genug, dranzubleiben!

Ach ja, das Ding von ganz weit oben im Text haben wir uns ausgedacht, um unsere Holznägel zu machen. Einen haben wir schon. EINEN! EINEN GANZEN HOLZNAGEL!