Nun ist es ja so eine Sache, wenn man ein Gebäude auf dem Plan sieht, in dem die Maße stehen und die einzelnen Stämme, aus denen mal Balken werden sollen, oder gar die fertigen Balken.
Eine vollkommen andere Sache ist es, wenn man zum ersten Mal diesen Plan in 1:1 Größe sich vor sich materialisieren sieht.
Als allererste Tat haben wir heute morgen damit angefangen, uns die Balken, die zu den Pfetten des Rähms zusammenwachsen müssen, so zurecht zu legen, wie sie später im Gebäude auch verbaut werden sollen. Als Betrachter dieses Bildes schaut man quasi von der rechten Schmalseite ins Innere des Gebäudes (von der offenen Langseite ausgehend, die im Bild in Richtung linker Hallenwand sich befände).
Eine komplexe Messerei mit Richtscheit, Winkeln und Zollstock beginnt. Der Meister traf gestern Nacht seine endgültige Wahl für die Verblattung. Ein Blatt, das angesichts der während der mittleren vorrömischen Eisenzeit vorhandenen Werkzeuge machbar war.
Es ist ein faszinierender Prozess.. Man darf sich ganz sicher sein, daß solche Häuser vor über 2000 Jahren nicht von absoluten Laien gebaut wurden. Die Voraussetzungen waren damals ja die gleichen wie heute: Planung, Organisation, Logistik, Fachwissen, gutes Werkzeug und praktische Erfahrung waren nötig, um ein größeres Gebäude wie dieses Gebäude überhaupt in Angriff nehmen zu können. Doch wenn man überlegt, was damals in der selben Epoche weiter im Süden für Architektur existierte, man denke nur an Rom, Ägypten, Griechenland, die Türkei, überhaupt den gesamten nahen, mittleren und ferneren Osten, dann wird man sich nicht darüber wundern, daß man weiter im Norden ebenfalls beim Hausbau technisch nicht mehr in der Steinzeit war.
Aus diesen vier Balken sollen zwei werden.
Bald schon wird sich zeigen, ob wir bei der wochenlangen Balkenmacherei genau gearbeitet haben, oder nicht...
Wir haben sie ja nun zum ersten Mal nach drei Wochen wieder vor uns.
Das Anzeichnen ist fertig. Ein gerades Blatt mit schrägem Einschnitt wird es werden. Das Baustellenradio, das uns in den letzten Wochen um die Wette mit den Motorgeräten zugedröhnt hat, schweigt. Es herrscht Ruhe, eine fast kontemplative Atmosphäre. Absolute Konzentration. Torben redet im Grunde nur, damit noch ein zweites Ohrenpaar die Worte hört, die er denkt, in der Hoffnung, dass das dortige dazwischen liegende Gehirn mitdenkt und rechtzeitig an den Mund den Befehl zum Einspruch sendet, falls ihm doch mal ein Logikfehler unterläuft. Er denkt und murmelt in Echzeit. Denn falsch geschnitten, und der Balken ist hin, da er zu kurz würde, wenn man ein neues Blatt machen müsste. Es muß alles sofort stimmen. Aber Torben macht keine Logikfehler. Zusammen drehen wir, peilen wir, messen wir, die Entscheidung, zu schneiden aber fällt Torben allein.
Und da ist es, das erste Blatt!
Und da ist nun auch das zweite Blatt. Wird es passen?? Und verbinden sich beide Balken gut zu einem?
Die Spannung wächst...
Mit dem Spanner werden sie zusammengezogen.
Diese Seite passt so exakt, daß wir beide es kaum glauben können...
Besser geht es wirklich nicht.
Aber auch die andere Seite passt sehr gut!
Hier gibt es auch nur sehr wenig nachzuarbeiten.
Es ist ein absoluter Volltreffer! Mit dem Dechsel diese Fase noch angleichen, "Fleisch" genug ist dort vorhanden, und dann passt es hier so exakt wie auf der gegenüberliegenden Seite.
Was im spitzen Winkel wie Einschnitte aussieht, sind nur die Striche des Bleistifts.
Nur wenige Millimeter müssen an der Fase abgenommen werden, um beide Fasen perfekt zu vereinen. |
Da das alles so aufregend war, kommt man beim zweiten Mal gar nicht mehr zum Fotografieren. Schwupps, da ist die zweite Verblattung!
An der Oberkante die Fase angleichen und - fertig!
Hier beide nebeneinander...
Das Blatt befindet sich auf dem Foto oben übrigens beim dritten Bock in Blickrichtung...
So wird nun noch die dritte Pfette gemacht und dann können wir bereits Zapfen! Auch wenn wir immer noch erst EINEN Holznagel haben.... Der Einsatz unseres geheimnisvollen Gerätes rückt näher!
Und die magische Hose fehlt noch.. Ohne sie geht es nicht... Denn: Nicht Kunst und Wissenschaft allein, Glück muß auch vorhanden sein!
P.S.: Lasst gerne Euer Feedback unten als Kommentar da. Bis demnächst, guckt gerne täglich hier vorbei, es wird regelmäßige Updates unserer Arbeiten geben..
Faszination in Holz und Aufbau. Ich bin von jedem der Texte gefesselt und bin wahnsinnig gespannt auf das Endergebnis. So langsam schließen sich nicht nur die Balken zusammen, sondern auch die Bilder im Kopf wie es am Ende mal aussehen wird. Verliebt bin ich jetzt schon. Wie jede einzelne holzfaser mit Liebe erforscht und in Verschmelzung gebracht wird.... Wow!!
AntwortenLöschenVielen Dank für das Kompliment! Wir sind auch gespannt, wie das Endergebnis aussehen wird.
Löschen