Die Antwort auf die Frage nach dem Wo war bereits während der Planungsphase schnell gefunden. Die andere Frage war dagegen überhaupt nicht leicht zu beantworten. Geht man nun nach der Richtung, aus der erfahrungsgemäß der Wind und mit ihm der fiese Regen am häufigsten kommt? Dann würde sich das Gebäude nach Nordosten öffen und dem Wind, der hier, abgelenkt und beschleunigt durch eine Moränenkuppe, häufig sehr fühlbar aus dem Südwesten einfällt, seine tief heruntergezogene Rückseite präsentieren. Andererseits würde so überhaupt kein Tageslicht mehr ins Gebäude fallen, es sei denn am frühen Morgen. Zuguterletzt wäre die Aussicht aus dem Gebäude heraus nicht besonders schön.
Von wo zu welcher Jahres- und Tageszeit das Sonnenlicht einfällt, kann man zum Glück mit einfacher Software bestimmen. Diese Hausaufgabe will unbedingt zuvor gemacht sein. Die nachfolgenden Bilder geben einen guten Eindruck. Der Bereich zwischen dem orangen und dem gelben Strich (der gelbe ist immer der Einstrahlwinkel zum astronomischen Mittag) zeichnet den Vormittag ab, der Bereich vom gelben Strich zum roten den Nachmittag. Wenn man nun das Gebäude in Form eines maßstabsgetreuen Papierschnipsels hin und her dreht, bekommt man eine gute Vorstellung, bis wann genau dort die Sonne hineinscheint, und ab wann eben nicht mehr.
Hier ist ein Tag im Februar simuliert...
Februar |
...und der Ostersonntag...
Ostersonntag |
...der längste Tag des Jahres zur Sommersonnenwende....
21. Juni |
.. und ein Tag im Spätsommer...
September |
Habt ihr bemerkt, wie sehr sich der Mittagswinkel zu Ostern unterscheidet? Das ist nicht in echt so, hier war lediglich noch nicht die MEZ berücksichtigt. Bei den anderen stimmt es. Ostern ist es natürlich genauso wie bei denen.
Licht und Schatten muß es geben, aber was für welche Tätigkeit, und wann am besten welches von beiden?
Während all dieser Gedanken über die Ausrichtung des Baus auf dem Gelände geisterte im Hintergrund stets der archäologische Originalbefund vom Erlengrund herum. Ihr erinnert euch bestimmt an die Story "Speicher oder was?". Hier fiel uns auf, daß das Originalgebäude exakt NNO - SSW oder verblüffend genau zwei nautische Strich ausgerichtet war. Nun können wir natürlich weder wissen, ob das Zufall war, auch nicht, in welche Richtung sich das Gebäude öffnete, aber irgendwie lässt einen so eine Sache ja auch nicht ganz einfach entkommen.
Was, wenn tatsächlich die Sonnenstände bei der Wahl der Orientierung des Gebäudes eine Rolle gespielt haben, und nicht nur eine schnöde Geländekante, ein Bach oder ein Waldrand? In der Theorie würde sich bei dieser Ausrichtung das Gebäude den Vormittag hindurch erwärmen, ab der Mittagssonne würde bis zum späten Nachmittag nur noch eine Schmalseite besonnt. Am Mittag des Hochsommers bei sehr hohem Sonnenstand reichte ein geringer Dachüberstand, um die komplette Wand abzuschatten.
Warum gehen wir dieser Idee nicht ganz einfach mit unserem Gebäude in einer besonderen Art eines archäologischen Langzeitexperiments auf den Grund?
Hier noch einmal der Originalbefund: genau zwei Strich nach Steuerbord.
Um diese Idee zu verfolgen, müssen wir zunächst am Satellitenbild mit einem maßstabsgetreuen Umriß am genauen Standort beginnen. Die lange Linie im folgenden Bild ist die Orientierungslinie, genau 2 nautische Strich Ost oder NNO. Der Kasten ist der Umriß des neuen Gebäudes. Das Gebäude würde sich in diesem Falle in Richtung Wohnstallhaus und Feld, bzw. Hecke öffnen, was einen schönen Blick zur Folge hätte. Im Rücken des Gebäudes würde das Bogenschießen ungestört durch etwaige Aktivitäten im Inneren des Gebäudes stattfinden können; die Schußrichtung der Schützen könnte nun in Richtung Feld liegen, was einen ungeheuren Vorteil gegenüber der bisherigen Situation darstellen würde. Nordöstlich (zu den Bäumen hin) würde sich ein kleineres Dach anschließen, unter dem der Räucherofen liegt. Dazwischen gäbe es einen kleinen Durchgang, den man schließen könnte, wenn das Bogenschießen stattfindet. Der Räucherofen würde zudem vom Schutz durch den größeren Bau profitieren. Beim alljährlichen "Sommerfest" würde der "natürliche" Besucherstrom quasi vom neuen Gebäude geradezu dazu eingeladen, zu schauen, was es dort so gibt.
Wenn ihr per Handy guckt, solltet ihr auf das Bild klicken, und es vergrößern. Das Gebäude ist ja soo klein..
Wir haben ja auch noch die Umzeichnung des Befundes vom Erlengrund... legen wir ihn doch einfach mal in das Satellitenbild hinein!
Und schwupp! Da isser nu.
Aber wie ist das nun genau mit dem Sonnenlauf, wenn wir das so machen??
Ha! Genau, wie gedacht. Die drei dicht beieinander liegenden parallelen Striche sind die Mittagssonne. Die "Doppelsonne" auch. Im Winter steht sie tief, scheint also tief ins Gebäude und spendet noch Wärme. Im Hochsommer steht sie so hoch, daß die vordere Dachseite den größten Teil des Inneren des Baus abschatten wird. Das kennen wir vom Eingang des Haupthauses, der dort liegt, wo im Bild die "Doppelsonne" hinzeigt. In der Hitze des späten sommerlichen Mittags und frühen Nachmittags wird die Schmalseite erwischt, noch später die tief heruntergezogene Rückseite. Wichtig aber ist, daß am Vormittag, während die meisten Schulklassenaktivitäten stattfinden, die Sonne ins neue Gebäude scheint. Das ist selbst im Sommer nicht schlimm, weil es dann noch nicht zu warm ist (erfahrungsgemäß ist die Hitze im Juli z. B. am drückendsten in den frühen Nachmitagsstunden!). Und Wind und Regen? Auch hier ist die Lage und Orientierung nicht zu schlecht. Weder von NW, noch von SW kann der Regen hinein, auch nicht bei Wind. Und von den anderen Richtungen fällt er hier sehr selten ein. Irgendwelche Kompromisse muß man immer finden. Dieser scheint sehr gut.
Also los! Genauso ist es geplant und so wird es gemacht. Das Gebäude zeichnet somit dann nicht nur die exakte Position aller Pfosten aus dem Originalbefund vom Erlengrund nach, sondern insgesamt auch seine exakte originale Orientierung, jene rästelhaften zwei nautische Strich!
Im Gelände muß natürlich das alles erst einmal nachvollzogen werden. Christians einfacher Kompaß reicht dafür locker aus.
Zunächst wird die Orientierungslinie gezogen, zusätzlich eine (fast) genau nach Nord. Der Winkel zwischen ihnen muß 22,5° betragen, wenn alles stimmen soll. Zur Feldkante (Furche) muß die Orientierungslinie im Winkel von 65° liegen.
Das ist erstmal der grobe Anfang. Noch nicht sehr exakt.
Immerhin stimmt es fast genau. Es muß gar nicht zu 100% exakt sein, 98% sind für die Mittel, die hier eingesetzt werden, gut genug.
Mit dem Laser wird nun zunächst die Horizontalebene (der spätere Fußboden des Baus) nivelliert. Das Gelände ist hier abschüssig, der Boden des Gebäudes aber wird eine horizontale Ebene. Er wird also links im Bild etwas ins Gelände eingreifen, und rechts im Bild etwas herausstehen. Vom Bereich hangaufwärts werden wir etwas abtragen, damit das Hangwasser vor der Wand noch rechtzeitig versickert. Der Boden des Baus soll etwas höher stehen als das Erdreich in diesem Bereich.
Hier erweist sich die Standhöhe des Lasers als zu hoch. Wir packen ihn deshalb kurzerhand auf seine rote Kiste.
Der Laser schießt seinen Lichtstrahl in einer horizontalen Ebene gleich einer virtuellen Scheibe. Wann immer der Empfänger die exakte Höhe dieser Scheibe erreicht, verwandelt sich ein piep-piep-piep in einen durchgehenden Ton.
Weil wir den Fußboden aber ja nicht in der Höhe ziehen wollen, in der der Laser steht, gehen wir von dieser Ebene genau 50 cm nach unten. Dann ist der Fußboden des Gebäudes hangaufwärts nicht zu tief im jetzt noch vorhandenen Erdreich, und hangabwärts auch nicht zu weit oberhalb. Es ist sozusagen ein gesundes Mittelmaß.
Jetzt erst ist es Zeit, das Gebäude mittels Kompaß exakt auszurichten. Wir spannen die Umrisse des Pfostenbereiches und dazu noch den Bereich inklusive Dachüberständen ab. Später markieren wir noch den Bereich der Gerüste, die uns zum Aufbau dienen werden.
Hier zeigt nun die Magnetnadel nach Magnetisch-Nord (+2° O gegenüber der direkten Linie zum magnetischen Nordpol), der Richtungspfeil zeigt die Marschzahl 22,5. Die rote Richtschnur wird nun exakt ausgerichtet. Nun liegt die Gebäuderichtung also exakt bei 2 nautischen Strich gegenüber mißweisend Nord! So wie auch die des Vorbilds.
Man glaubt gar nicht, auf was für Ideen Torben manchmal beim Frühstück so kommt. Aber diese kleinen Gefrierbeutel-Clips sind echt gute Markierungen. Halten bombenfest und verschieben sich nicht. Wir sind wohl beide auf unsere eigene Art Meister im Improvisieren.
Nachdem alle wichtigen Markierungen "ausgepflockt" und die Gerüstbereiche mit Brettern markiert sind, sind wir eigentlich sehr zufrieden mit unserer Arbeit. Zeit, sich das Gebäude im Gelände aus allen Richtungen plastisch vorzustellen..
Mal, wenn man südlich ums Haupthaus herumgeht...
...mal, wenn man nördlich ums Haus geht. Denkt nicht, daß die Bretter den Umriß markieren, dies ist nur der Bereich der Gerüste. Die lange Latte im Gras sowie die kurze, die hier im Bild auf uns zeigt, stellen das Gebäude dar. Wirkt gar nicht mehr soo riesig. Ein Schüppchen halt.
Von etwas weiter hinten...
....hier auch nochmal von etwas weiter hinten... Ist gut so. Wird schon.
Wir schaffen danach sogar noch ein paar erste Dachlatten. Hier sind sie nach dem groben Gemetzel zu sehen. Die werden sich noch etwas bezähmen mit der Zeit. Draußen ist es schon wieder dunkel und der Magen knurrt.
Das Faserige fällt schon sehr bald ab. Wir glauben, daß man auch in der Eisenzeit nicht die Zeit hatte, angesichts der zu fertigenden Anzahl von Dachlatten allzu pingelig zu sein. Hier gilt eindeutig: Masse ist wichtiger als ... obwohl, wir finden sie klasse. Genau so, wie sie sind..
Rauh, wie der Norden. Oder unsere Hände.
Morgen wird gebaggert. Auch, wenn es bei uns seltsam klingt: hoffentlich stoßen wir dabei nicht auf archäologische Funde, am Ende noch was Römisches! Dann wär's das nämlich erstmal. ;) Aber wollen optimistisch sein. HIER GAB ES KEINE RÖMER, HIER GIBT ES KEINE RÖMER und HIER WIRD ES AUCH NIE RÖMER GEBEN! Basta.
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Danke, daß ihr einen Kommentar hinterlassen möchtest! Wir haben inzwischen erfahren, daß ihr schon einige Kommentare geschickt habt. Irgendwie zeigt google sie uns aber nicht, so daß wir sie freistellen könnten. Das ist sehr schade. Wir versuchen, herauszufinden, woran es liegt!