Wie unsere Balken entstehen und warum
Wenn man uns so dabei zusieht, wie wir unsere Balken machen, fragt man sich unweigerlich: wieso um alles in der Welt machen die das?
Wir wollen einige der Fragen, die uns schon dabei gestellt worden sind, beantworten.
Frage Nummer eins war oft: wieso sägt ihr nicht einfach Kantbalken im Sägewerk und fahrt dann einfach mit Eurem "Monster" ratz-fatz mal drüber und fertig ist die Sache.
Die Antwort darauf ist: wenn wir Kantbalken sägen, werden sie komplett gerade. Wir müssten Krümmungen künstlich hineinarbeiten. Dat sieht nich aus (norddeutscher Slang). Wir streben ein kantiges Profil an, gehen aber mit dem Wuchs. D. h. die natürliche Krümmung und der "Schwung" des Stammes bleiben so weit ertragbar erhalten. Auch mancher Knast bleibt erhaben.
Frage Nummer zwei war gelegentlich: warum macht ihr sie überhaupt kantig? Wieso nehmt ihr nicht einfach die runden Stämme im richtigen Querschnitt, entrindet sie und verbaut sie?
Antwort (lange Version): weil wir irgendwie nicht mehr ganz daran glauben , daß die Leute in der vorrömischen Eisenzeit weite Gebiete im Wald nach geraden, dabei genügend langen und genau richtig dicken Bäumen abgesucht haben, diese dann gefällt und alle von sonstwoher als Baumstämme zusammengekarrt haben, um sie zum Bauplatz zu verfrachten. Wir glauben, daß es schlicht einfacher war, Bäume mit passendem Querschnitt für mehr Ausbeute zu fällen und sie direkt vor Ort, also im Wald - ungeachtet irgendwelcher leichter Krümmungen oder Schwünge zu halbwegs geraden Balken, Bohlen und weiß nicht was zu verarbeiten, und sie dann, wesentlich handlicher und vor allem leichter transportierbar zum Bauplatz zu schaffen. Es macht einen enormen Unterschied, ob man von verschiedenen Stellen im Wald je einen 6 Meter langen, 20 cm dicken Stamm zum Bauplatz schaffen muß, oder ob man von nur einer Stelle im Wald einen genügend starken Baum zu mehreren 18er bis 20er Kantbalken verarbeitet, bereits mit der richtigen Länge, sie im Pack aufladen und mit Ochsenkarren zum Ort der Bestimmung fahren kann. 10 - 20 auf 6 Meter Länge gerade und relativ astfreie Eichen mit nur 20 cm Durchmesser wird man zusammen gesucht haben müssen. Irgendwelche halbwegs gerade und zwischen 30 cm und 40 cm dicke Eichen mit Ästen hier und da wird man dagegen unweit des Bauplatzes leichter gefunden haben. Außerdem kann man für diese Zeit von einem entwickelten Waldmanagement ausgehen, bei dem genauso wie heute eher eine Überalterung von Baumbeständen vermieden wurde, als es zu akzeptieren, daß ganz junge Bäume von nur 20 cm Durchmesser für Bausubstanz gefällt wurde. So etwas hätte den Wald in kurzer Zeit erheblich geschädigt. Dickere und somit ältere Stämme auf Endmaß herunter zu arbeiten, scheint also plausibler. Die Werkzeuge dafür waren allemal vorhanden und das Knowhow nach über 4000 Jahren Hausbau sicher auch. Man kennt aus vielen Grabungen inzwischen eine beeindruckende Vielfalt an hochwertigen geschmiedeten spezialisierten Holzbearbeitungswerkzeugen aus dieser Zeit, die perfekt an die Erfordernisse von Zimmerleuten für die Herstellung sauberer Schlitz-Zapfenverbindungen, sowie das Behauen von Bauholz angepasst gewesen sind. Es gibt aus niederländischen und englischen Moorgebieten entsprechend schöne Beispiele von verzimmerten Holzbauteilen nicht nur von Häusern, sondern auch von Wegen, die sogar noch weit älter sind, als die Befunde "unseres" Gebäudes. Ein dicker, frisch gefällter, nicht zu astiger Stamm lässt sich übrigens mit überraschend einfachen Hilfsmitteln spalten, abschwarten und dechseln. So langsam ist das auch gar nicht. Geübte Leute brauchen für vier gute 10er Kantbalken aus einem 40er Stamm mit spaltenden Beilen und Holzkeilen und dann mit Dechseln ungefähr einen Arbeitstag. Kam beim Experimentieren von Leuten, die das allerdings nicht allzu oft gemacht haben, so raus.
Antwort (kurze Version): gefällt uns besser und macht mehr Spaß.
Weitere Fragen waren: warum macht ihr sie dann nicht mit den in der Eisenzeit bereits nachweisbar vorhandenen Werkzeugen?
Antwort: Wir haben nicht die Zeit und den finanziellen Rahmen. Wir müßten alle Werkzeuge wie Sägen zum Ablängen, Tüllenbeile, Tüllenquerbeile (Dechsel), Tüllenbeitel etc. zunächst schmieden (kein Knowhow-Problem, aber ein zeitliches), bräuchten dann wesentlich mehr Manpower, viel mehr Zeit am Holz und und und.
Oder: Und glaubt ihr, daß Eure Balken die Optik haben, die mit den eisenzeitlichen Werkzeugen erzielt worden wäre?
Antwort: Wir kennen Balken, die komplett mit originalgetreuen Werkzeugen gemacht wurden. Sie sehen beim genauen Hinsehen etwas anders aus. Je nach Fähigkeit der Zimmerleute. Aber wir kommen dem sehr nahe. Die Unterschiede verschwinden weitgehend übrigens nach recht kurzer Zeit durch das natürliche Vergrauen des Holzes.
Die Methode ist entscheidend. Sägt man einen Balken und macht dann Macken hinein oder arbeitet man einen Balken aus dem vollen Stamm in kleinen Schritten nach und nach heraus. Das ist wie Holzbildhauerei mit Ziel "Balken". Wer sich für die generelle Optik von solchen komplett handgemachten Balken interessiert, kann einfach mal den Begriff "handgehauene Eichenbalken" in die Google-Suche eingeben.
Und auch: Warum macht ihr manchmal zuerst einen kantigen Balken, um ihn dann doch wieder rund zu machen:
Antwort: Das ergibt sich beim Entfernen des restlichen Splintholzes, wenn das Stück nicht dick genug war, zum Beispiel bei Verwendung von Spaltlingen oder Sturmbruch oder starken, einigermaßen geraden Ästen, die häufig traditionell zu Streben oder zu anderen, für weniger anspruchsvolle Aufgaben benötigten Bauhölzern verarbeitet wurden. Auch hierzu gibt es gute Referenzen unter dem Suchbegriff "handgehauene Eichenbalken" im Internet.
Noch eine: Manche Balken sind sehr kantig, andere nicht, manche Flächen sehr begradigt, andere eher schlampig, wieso? Hattet ihr unterschiedlich gute Laune?
Antwort: Wir haben immer gute Laune, denn es macht uns Spaß, was wir da tun. Manche Balken müssen sehr genau gearbeitet sein, z. B. die "Deckenbalken", wenn sie später einen "Deckenboden" bekommen sollen. Auch das Rähm wäre gerade besser, wenn die Auflage der Sparren auf gleicher Höhe sein soll. Wir wollen ja kein Wellendach... Andere Balken, wie zum Beispiel Streben oder Außenständer dürfen so krumm, halbkantig oder teilrund sein, wie sie eben sind. Dann werden sie eben krumm, halbkantig oder teilrund eingebaut. Bei Mittelständern und "Deckenbalken" (nennen wir nur so..) würde das doof aussehen.
Hier mal ein Beispiel eines typischen Arbeitsablaufes (von heute vormittag), eine ganz schnöde Strebe entsteht.
Zunächst ein nasser, knastiger und am Ende ausreißender, übrigens fast schwarzer Stamm.
Dann kommt zuerst die Katze, hält nicht für ein Foto still....
...husch! Da war die Kamera nicht schnell genug! |
...Arbeit ruht, wollen sie ja nicht verscheuchen.
Sie ist sehr süß, hat nicht einmal einen Namen und lebt da "einfach so".
...Nach etwas Überzeugungsarbeit kann es dann weiter gehen.
Erstmal oben was wegnehmen. Langsam rantasten.
Es folgen beherzte Schläge mit dem Beil, immer einmal direkt von oben, dann danach sofort flach...
Zwischendurch dechseln.. den Balken drehen, dann wieder Beil, wie es halt so kommt.
Mit dem Dechsel kommen auf jeden Fall die "Huckel" weg.
Kaffeepause.
..weiter geht's...
Am hinteren Ende bleibt der Balken halt so krumm, wie er auch als Stamm war. An der schön "kantigen Kante" steht noch einiges an "Spund" (Slang für "Splintholz"). Das muß weg, auch wenn es schade ist.
Buckel an den Flanken mit dem Beil begradigen.. erst mal leichte Einkerbungen machen und dann mit einem Schwung weghauen.
...geht so gerade noch...
Oben ist schonmal leicht mit dem "Monster" drübergebügelt worden... (ersetzt tausende feine Dechselschläge)
..sieht soo schlecht gar nicht aus. Krümmung am Ende noch da, alles gut.
drehen ..weiterbügeln... und die Strebe kann so bleiben. Spund ist weg, Kante leider auch, aber so ist das Leben.
gucken, ob die Krümmung noch drin ist... ist sie, alles gut.
Kaffee.
Hier noch zwei weitere Beispiele, die die schöne Optik zeigen: fünf sehr genau gearbeitete "Deckenbalken". Sie müssen bereits draußen lagern, drinnen ist alles voll. Sie alle haben einen natürlichen Bogen, den man hier gar nicht sehen kann. Die Dinger kommen mit dem Bogen nach oben auf die Ständer. Sie liegen sich dann mit der Zeit gerade, vor allem unter Last. Man sieht manchmal, daß "Deckenbalken" in alten Fachwerkhäusern so eingebaut sind, daß man sie nach einigen Jahrzehnten umdrehen kann. Denn sie hängen tatsächlich irgendwann durch. Dreht man sie um, geht's wieder für eine ziemlich lange Zeit.
Ist doch nicht schlecht!
Unsere Werkstatt macht nun für heute zu. Über das Wochenende ist Pause. Montag geht es weiter. Am Nachmittag sind wir dann mit den großen Teilen des "Bausatzes" durch. Alle Balken sind Individuen, keiner gleicht dem anderen, jeder hat seinen ganz eigenen Charakter. Wir werden uns noch nach Jahren an jeden einzelnen von ihnen erinnern können.
Wir wünschen Euch ein schönes Wochenende. Vielleicht fällt Euch ja ein Name für die süße kleine Katze ein!
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Danke, daß ihr einen Kommentar hinterlassen möchtest! Wir haben inzwischen erfahren, daß ihr schon einige Kommentare geschickt habt. Irgendwie zeigt google sie uns aber nicht, so daß wir sie freistellen könnten. Das ist sehr schade. Wir versuchen, herauszufinden, woran es liegt!