Freitag, 20. März 2020

Und stetig wächst das Schindeldach

Es ist doch etwas zutiefst befriedigendes, kontinuierlich an einem Projekt zu arbeiten und es Stück für Stück werden zu sehen!

Klar, immer wieder kommen dabei Abschnitte, die sich ziehen. Schindeln sind so ein Abschnitt. Vor allem kann es zwischendurch Phasen geben, da guckt man, was man so an einem vollen Arbeitstag geschafft hat, und denkt sich: "toll, drei Reihen." Und wenn man dann zählt, was noch fehlt, denkt man: "Hm."

Und dann aber gibt es so "Landmarken". Am First angekommen zu sein, wenn auch erstmal nur mit einer Seite, ist so eine Landmarke. Und die ist nun erreicht. Grund genug, mal von oben auf die schuppige Haut unseres Ungetüms von Schuppen (ha!) zu gucken und sich daran zu erfreuen. Da nehmen wir euch doch gerne mit aufs Dach!








So sieht es nun von unten aus. Die "End-Bretter" sind nun auf dieser Seite ab. Nun wirkt das doch gleich viel "organischer"... (es ist unglaublich, auf was für Ausdrücke man auf dem Bau so kommt.) Klickt übrigens ruhig mal auf die Bilder, dann öffnen sie sich größer und ihr könnt hinein zoomen.







(Wieder so ein Wiederholungsbild, das kommt nur davon, daß man sich einfach manchmal nicht entscheiden kann, welches man nun nehmen soll)







Von der anderen Seite sieht es noch etwas hilfsbedürftig aus, aber wenn erst mal die Wände drin sind, dann gibt es einen ganz anderen Eindruck. Laut Torbens bautechnischer Relativitätstheorie wirken alle Gebäude plötzlich viel größer, nachdem erst einmal Wände da sind. Und das stimmt tatsächlich! Wenn man mal das Skelett eines alten Fachwerkhofes sieht, also ohne Wände, dann denkt man dabei: "Boah, ist das klein! Da drin kann man wohnen?"








Die andere Seite des Daches ist zum Glück nur halb so viel Arbeit, also um genau zu sein, halb so viel von sehr viel. Es liegen nun nur noch ein paar Tage vor uns.









Aus dieser Perspektive (nächstes Bild) wirken die Enden der "End-Bretter" der anderen Dachseite wie Giebel-Zier. Eigentlich keine schlechte Idee. Mal sehen, vielleicht machen wir da oben noch etwas cooles dran. Wikinger hätten da getz (ruhrpöttisch für "jetzt") sicher Drachenköpfe anmontiert. Keine Angst, machen wir schon nicht.








Vielleicht montieren wir einfach nur einen ganz simplen Pömpel. Denkt, was ihr wollt dazu.








Ihr könnt uns gerne schreiben, was ihr euch da oben so vorstellen könnt, es ist ja nun mal eher ein "extra-wissenschaftliches Modell"* eines 15-Pfosten-Baus.








Das "Enden schön Machen" hat sich übrigens volle Kanne gelohnt, finden wir. Stellt euch vor, wie jetzt hier schnöde Sägeschnitte ausgesehen hätten!








Ist schon ein ziemlicher Kontrast zu den anderen Gebäuden auf dem Eisenzeitgelände. Aber wir wollten wirklich schon lange mal was anders machen, als üblich. Und angesichts der Beziehungen zwischen den mittel-latènezeitlichen Bewohnern unserer Gegend und den Leuten weit im Süden des Landes, die sich durch die Funde auf der Schnippenburg so schön zeigen, wird dieser Bau so etwas wie ein Kultur-Zitat. Au weia, jetzt geht's aber los...







Nun ist erst einmal wieder etwas Pause hier auf dem Blog, denn es ist Wochenende. Und wir wünschen euch ein besonders schönes! Nächste Woche sehen wir uns dann wieder!




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* Extra = lateinisch für außen, außerhalb von (hier außerhalb wissenschaftlicher Norm, sofern man das bei Modellen von Gebäuden oder Rekonstruktionen sagen darf.

Dienstag, 17. März 2020

Against All Odds


Wir machen trotzdem weiter.


Im letzten November haben wir die Holzlieferung für den Bau unseres "Schuppens" bekommen. "Boah", dachten wir damals, "was kommt da auf uns zu?!". Natürlich haben wir dabei nur an unsere Arbeit gedacht. Von allem, was zur selben Zeit begann und tatsächlich bald auch auf uns zu kommen sollte, haben wir damals ja nichts ahnen können. Und wisst ihr was? Es ist gar keine schlechte Sache, damit gerade jetzt einfach weiter zu machen. Wir denken einfach weiter an die schöne Arbeit, die wir da machen. Und machen weiter. Auch wenn uns manche für ignorant halten, auch wenn uns eh bald keiner mehr liest... und wenn auch die ganze, die schlechte, die wacklige, die alberne Welt vor den Augen zusammenfällt, wir beide stehen zusammen, mit der Axt in der Hand, und jagen die Trübsal einfach fort. Das war nun auch (beinahe) das letzte, das ihr von uns zu dieser Sache hören werdet.


Durch alle Wetter sind wir nun hier draußen zusammen gegangen. Nun müssen wir den Frühling auch in unser Herz lassen. Das hat er nämlich verdient. Und er gibt sich seit Tagen alle Mühe. Und diese Tage nutzen wir.





Im Schindeln Zurechtstutzen und Einpuzzeln sind wir inzwischen richtig gut. Trotzdem ist es eine langwierige Sache. Aber wer würde klagen, wenn bei so einer Arbeit pausenlos die Sonne auf einen herunter lacht. Sie lacht bestimmt, weil ihr gefällt, was sie da sieht. Also machen wir es im Zweifel für die Sonne, und natürlich für euch!






Stoisch wie Esel sortieren wir jeden morgen unsere Schindeln, packen sie auf unsere Planke und legen los.






 Stoisch wie Esel messen wir kleinlich die Breiten und beilen alles weg, was uns nicht passt.






 Stoisch wie Esel legen wir Schindel neben Schindel, tack - tack- tack ertönt es, wenn alles zu Torbens Zufriedenheit ist. Nicht einmal die Vögel schrecken dabei noch auf.













In unserem "Schüppchen" steckt ja so viel erlebte Geschichte, die die Bäume, aus denen alles besteht, erlebt haben, daß es vielleicht ein bißchen auf uns abgefärbt hat. Diese Lebewesen haben ihr Leben lang nur an einer Stelle gestanden, konnten sich nicht vom Fleck bewegen. Und dennoch wuchsen sie. Immer weiter und weiter, und höher und höher. Und nun transformieren wir sie in ein überdachtes Machwerk, das euch, wenn ihr es braucht, auch im übelsten Wetter Schutz bieten kann.






 Dafür geben wir uns Mühe.








 Stoisch wie Esel.





 Oder eben Bäume.











































































 Noch sind wir lange nicht fertig. Aber noch ist die Welt ja auch noch nicht ganz zusammengefallen.






 Ein paar Reihen noch bis oben.






 Rätselbild. Was ist im zweiten Bild anders?






 Ein bißchen darf es bereits regnen. Von einer Seite aber nur.






 Da drunter wird es richtig gemütlich! Probiert es mal aus, wenn ihr Lust habt.






 Die Sonne scheint aus dem Holz zu kommen! Irgendwie steckt sie ja auch tatsächlich darin.






Jede Schindel wird von Christian mehrmals in der Hand gewendet, von ihm abgebeilt, dann von Torben abermals gewendet und betrachtet, bevor sie schließlich den genau für sie passenden Platz findet. Das ist dann für diese Schindel der Platz in dieser Welt für viele Jahre, die kommen werden. 













Wenn man von hinten kommt, und sich den Gebäuden auf dem Eisenzeitgelände nähert, wird man diesen Anblick haben.



















 

















 
Es ist ein schöner Anblick, findet ihr nicht auch?







Am Ende hat es sich doch noch etwas bewölkt. Aber für heute sind wir fertig. Morgen nachmittag sind wir vermutlich oben angekommen. Doch dann wechseln wir die Seite und fangen wieder ganz von unten an. Aber dieses Mal ist "unten" irgendwie bereits die halbe Höhe. Wenn wir das geschafft haben, montieren wir alle Hilfshölzer, Hilfsplanken und Hilfsbretter ab, montieren die Stützen ab und dann kann die Ausstakung der Wände und der Lehmbau beginnen. Die Leute, die das machen werden, waren heute schon zu Besuch, um sich ein Bild davon zu machen, was sie erwartet. Wir haben uns dabei an alle Regeln* gehalten, die im Moment so wichtig sind. Denn auch wir wollen dabei mithelfen, daß wir alle schnell wieder zur Normalität finden können und die Welt wieder beginnt, sich selbst zu ähneln.

Bleibt uns gewogen! Und bleibt dran! Hier bei uns ist es doch viel besser als im Moment im Fernsehen! Und ihr könnt uns auch immer noch gerne auf der Baustelle besuchen kommen. Ihr müsst euch nicht zu Hause einschließen. Denn frische Luft und Sonne sind gesund und machen gute Laune. Und wir auch. Ihr müsst euch nur an ein paar Regeln* halten.


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*Regeln: Bitte kommt in kleinen Gruppen unter 10 Personen. Haltet zueinander einen Abstand von etwa zwei Schritten. Gebt euch nicht die Hände. Bleibt fern, wenn ihr niest oder hustet. Das ist der jetzige Stand. Informiert euch zu den Regeln für Begegnungen im Freien und haltet euch auf dem Laufenden.

So. Das war nun das letzte, was ihr von uns zum Thema gehört habt.


Montag, 9. März 2020

Das Schindeldach entsteht!

Montag.

Schauerwetter.

Zwischendurch scheint dann und wann die Sonne.

So richtig will das Wetter es uns nicht gut gehen lassen.

Nützt ja aber alles nix, wenn wir es trocken haben wollen, müssen Schindeln auf das Dach!

In der Halle haben wir die Schindeln nach Breite sortiert und einen ersten Schwung von ihnen in Wannen gepackt, um sie zügig verfügbar zu haben, so, wie sie gerade gebraucht werden. Trotzdem ist es eine ungeheure Puzzelarbeit!




An den Giebeln haben wir "Endbretter" befestigt. Sie dienen als Behelfsrahmen für die äußere Schindelkante. Auch halten sie die beiden roten Richtschnüre, an der die unteren Schindelkanten orientiert werden. Später kommen diese Bretter natürlich wieder ab.






Immer wenn die Größen-Ansage von Torben kommt, "zwölfeinhalb und einmal einundwanzig", muß Christian erst einmal zusammensuchen und nacharbeiten. Denn die Schindeln sind selten im exakt benötigten Maß. Also Axt anlegen. Für dieses Projekt haben wir eine ganze Reihe verschiedener Spezialäxte und -Beile im Gebrauch. Vielleicht machen wir einmal einen Post nur dazu. Ein spannendes Thema!


Gelegentlich muß die Fläche begradigt werden, damit die Schindel einigermaßen liegt.






Manchmal fordert Torben ein exaktes Maß, wie eben 12,5 cm. Da die Schindeln mit den Fasern gespalten sind, läuft diese hier zum Beispiel von knapp unter 14 cm auf 13 cm zu. Daraus muß dann eine genaue "Zwölfeinhalb" werden. Und zwar am besten schnell.







Die Axt, die hier zum Einsatz kommt, ist eine schwedische Schnitzaxt. Im Hintergrund seht ihr an Torbens Gürtel ein kleines altdeutsches Zimmermannsbeil. Die Schneiden aller unserer Äxte und Beile werden rasiermesserscharf gehalten, damit sie zuverlässig funktionieren. Es gibt eine abendliche Schärfroutine an allen Axttagen, die erst mit der Politur der Schneide endet.  






Während Torben die Überlappungen optimal platziert, damit später auch ja kein Tropfen Wasser seinen Weg nach innen findet, steckt Christian bereits behauene Schindeln auf Vorrat unter die Latten. Der Zugriff ist so etwas schneller, und langes Rumstehen und auf Schindeln warten kommt nur selten vor. Für die richtige Überlappung der Schindeln achtet Torben darauf, daß bei allen drei Schichten jede Fuge zu allen anderen Fugen versetzt ist. So kommt es nicht einmal vor, daß die obere Fuge genau über der durch eine Schindel dazwischen überdeckten unteren Fuge liegt. Um das zu erreichen muß Torben also nicht nur auf die von oben sichtbare Fuge achten, wenn er eine neue Schindel auflegt, die diese Fuge überbrückt, sondern auch auf die Schicht darunter. Denn das Wasser würde sonst durch die Ritze zwischen den Schindeln zwar auf eine geschlossene Fläche der Schindel darunter laufen, dort aber weiter wie ein kleines Bächlein genau zur Ritze der darunter liegenden Schicht, von wo es dann innen vom Dach herabtropfen könnte. Das ist komplexer, als man denkt. Zwischen den Schindeln muß darüberhinaus ein kleiner Spalt offen bleiben. Denn dann können die Schindeln mit dem Wetter "arbeiten", also bei Trockenheit und Hitze z. B. schwinden, um sich dann bei feuchter Witterung wieder auszudehnen, also zu quellen. Auch kann sich jede Schindel ein bißchen nach oben biegen und sich später wieder flach legen, ohne die benachbarte Schindel kaputt zu reißen. Wenn man solche Schindeln dicht an dicht legen würde, würde so ein Dach überraschend schnell verfallen.






Wir haben lange überlegt, wie wir die Schindeln befestigen sollen. Holznägel? Geschmiedete Nägel? Bei Holznägeln bestand von Anfang an die große Gefahr, sehr viel Ausschuß zu haben; erstens, weil viele der dünnen Holznägel beim Einschlagen brechen, zweitens, weil immer wieder Schindeln durch sie gespalten werden. Geschmiedete Nägel sind zur Zeit der vorrömischen Eisenzeit zwar denkbar und kamen weiter im Süden auch wahrscheinlich oft zum Einsatz. Hier im Norden allerdings war Eisen vermutlich nicht in so erheblichem Überfluß im Umlauf, daß man alternativ zu Holzstiften genausogut fast 4000 Eisennägel hätte verwenden können. Die Leute werden es wohl mit Holznägeln gemacht haben. Alternativ kann man Holzschindeln auch auf die Lattung aufnähen.

Allerdings haben wir bei dem ganzen Projekt natürlich auch streng rechnen müssen. Und der Einsatz von mindestens 3500 Holznägeln (und mehr Schindeln) hätte den Kostenrahmen dann endgültig gesprengt. Wir sind ohnehin schon sehr viel weiter gegangen, als es der schnöde Mammon uns eigentlich gestattet hätte. Es wäre dazu noch jammerschade gewesen, daß man von den Holznägeln dann überhaupt nichts gesehen hätte, denn sie wären ja immer von der nächst höheren Schindelreihe überdeckt und würden auch nicht bis ganz durch die Latten, die immerhin 8 cm stark sind, hindurchreichen, so daß man sie etwa von unten hätte sehen können. Und so wird halt mit Luftdruck genagelt. Man muß gelegentlich Kompromisse eingehen. Im First werden wir aber tatsächlich Holznägel verwenden. Die sind dann auch zu sehen.

Dann regnet es plötzlich übelst. Zeit für die Kaffeepause im Eisenzeithaus. Wenn niemand da ist, hält sich gelegentlich eine Schleiereule hier auf. Ihre Spuren verzieren inzwischen die Wand im Hintergrund. Torbens Regenschutz besteht nur aus einem Zimmermannshut, während Christian sich heute von Beginn an für Regenklamotten entschieden hat. Dafür schwitzt Torben nicht, wenn die Sonne raus kommt. Der Regen hat auch sein Gutes. So können wir sofort sehen, ob das Dach auch dicht wird. Man muß in dieser Zeit ja positiv denken!






Kaum kommt die Sonne raus, geht es weiter. Und Christian schwitzt.






Es ist unfassbar, wie viel Zeit das ganze Gepuzzel frisst. Wir schaffen lediglich 20 cm fertige Dreifach-Überlappung - in 2 Stunden!









Aber gut Ding will einfach Weile haben.



Hier seht ihr schön die Technik der "Dreifach-Überlappung". Auch könnt ihr hier gut die Funktion des "Endbretts", unseres Behelfsrahmens erkennen.



Es ist mühselig und verblüffend langwierig, aber...






auch sehr lohnend.






Die unruhige Oberfläche hat Charme..

Und dann, nach stundenlanger Puzzelei....






Dieser Anblick! Wenn das nicht super schön ist! Oder etwa nicht?






Am späten Nachmittag, gegen halb fünf (was man in Norddeutschland halbfümpf ausspricht), zeigt sich zum ersten Mal der Effekt der besonderen Ausrichtung des Gebäudes! Nachdem den ganzen Vormittag die Sonne - wenn sie denn mal schien - das vorderseitige Dach beschienen hat, bestrahlt die Abendsonne das rückwärtige Dach mit ihren UV-Strahlen! Moosbefall wird es da zum Glück sehr schwer haben! So besteht Hoffnung, daß das Dach sich lange erhalten kann. Es wird durch die Sonne im Laufe der Zeit silbergrau werden.

In den nächsten Tagen ist leider mal wieder übelstes Regenwetter gemeldet. So kann es leider erst danach weiter gehen. Aber dann soll der Frühling Einzug halten und wenn alles gut geht, sollten wir in 8 guten Arbeitstagen mit der Dachhaut fertig sein. Ob es so klappt..? bleibt dran!